Elena Schiemann
100 Dinge
Besonderes an der Grundschule Harmonie in Eitorf
Angeregt durch zahlreiche Gespräche mit Kommilitoninnen, in denen sich immer wieder herausstellte, dass sie sich eine Schule, in der Kinder ihre Arbeit weitestgehend selbst planen, in der sie mitbestimmen können und in der Lehrer eher »begleitende« als »belehrende« Erwachsene sind, nicht vorstellen können, entstand die Idee, einmal aufzulisten, was die Grundschule Harmonie von den meisten anderen Regelgrundschulen unterscheidet.
Es entstand eine lange, längst nicht abgeschlossene Liste, in der ausgefallene »Experimente « neben vielleicht Alltäglichem stehen2.
Nicht jeder einzelne Punkt setzt sich dabei von anderen Schulen ab, aber es ist die Fülle und Kombination der vielen kleinen wie großen Dinge, die die Grundschule Harmonie anders erscheinen lassen als die meisten anderen Schulen des Landes.
Bewusst sind die unterschiedlichen Aspekte unsortiert aneinandergereiht – es kann kreuz und quer oder der Reihe nach gelesen werden, das »Ganze« entsteht ohnehin nur durch die vielen Einzelheiten.
Es wird viel gesungen.
Man kann einfach Gitarre spielen und singen und Kinder gesellen sich dazu.
Lehrer können jederzeit ins Rektorzimmer.
Kinder können im Lehrerzimmer arbeiten.
Jeder Klassenraum hat einen Außenausgang aufs Geländ (ebenerdiges Gebäude).
Es wird auch draußen geschrieben, gerechnet, gemalt,...
Kinder können ans Telefon gehen.
Im Gebäude werden Hausschuhe getragen – und zwar von Kindern wie Erwachsenen.
Kinder suchen sich ihren Arbeitsort aus.
Kinder haben jederzeit Zugang zu den zahlreichen Büchern in Klassen-räumen, auf Fluren und in der Bibliothek.
Kinder können ihre Arbeit unterbrechen und sich anderen (sinnvollen) Tätigkeiten widmen.
Kinder können mit gestellten Materialien Werke erzeugen, die ihrer eigenen Kreativität entspringen.
Lehrer sind nützliche Gehilfen (keine nervigen Aufgabenverteiler).
Kinder können gestellte Aufgaben, die im Wesentlichen Vorschläge sind so umgestalten, dass sie ihnen sinnvoll erscheinen.
Keine feste Regelung, ob „Sie“ oder „Du“ bei den Lehrern.
Keine erkennbare Hierarchie im Lehrerzimmer (und auch als Praktikant ist man „voll dabei“).
Ideen können einfach ausgesprochen und meist umgesetzt werden/Kooperation zwischen den Lehrern
Alle vier Jahrgangsstufen lernen voneinander, miteinander, arbeiten zusammen.
Lehrer lernen sehr viel von den Schülern (vor allem im Sachunterricht“).
Kinder tragen Hausschuhe.
Lehrer tragen Hausschuhe.
Kinder dürfen auf den Dachboden.
Kinder lernen ab dem 1. Schuljahr Englisch.
Es gibt ein Schulparlament.
Es gibt jeden Morgen vor Schulbeginn eine Kollegiumsbesprechung.
Es gibt regelmäßige Schulversammlungen (mit allen Schülern, Lehrern, Gästen).
Alle Geburtstage werden auf der Montagsversammlung besungen.
Es gibt eine Druckerei, da wo sonst eine Hausmeisterloge ist.
Es gibt keinen Stundengong odee Klingel.
Alle Lehrerinnen und Lehrer geben Englisch.
Beim Englischunterricht werden alle Klassenverbände aufgelöst, es gibt verschiedene Gruppen mit verschiedenen Schwerpunkten, die die Kinder wählen.
Jedes Kind kann seinem eigenen Lerntempo folgen.
Wenn Unsinn gemacht wurde, bekommen die Kinder keine roten Striche und sinnlose Strafarbeiten.
Beim Lernen darf auch mal geredet werden.
Ein Kind wird nicht angemeckert, wenn es mal gedanklich abwesend ist
Lehrer sind nicht das Zentrum der Klasse.
Auf der Montagsversammlung wird die „Frage der Woche“ von einem Kind oder Erwachsenen gestellt, die zum Recherchieren, Schätzen, Knobeln einlädt und eine Woche später gelöst wird.
Der Unterricht basiert nicht auf vorgefertigten Unterrichtsmaterialien.
Die Schule war unter den besten 18 bei der Verleihung des Schulpreises 2006.
Austausch mit finnischen Schülern in türkischer Sprache via E-Mail.
Kinder dürfen essen und trinken, wann und wo sie möchten, solange es niemand anderen stört.
Es wird nicht gefragt, ob man zur Toilette gehen darf - selbstverständlich darf man.
Es gibt ein Schullied.
Über der Schule wehen verschiedene Flaggen, wie die PACE- oder die Europa-Flagge.
Der Keller der Kirche nebenan kann für Unterricht genutzt werden.
Die Schule hat keine Sporthalle, darum Turnmatten in einem Mehrzweckraum.
Leadership-Ausbildung: Kinder werden in verschie-denen Kompetenzen gestärkt, werden Verantwortliche für verschiedene Bereiche und Multiplikatoren/Berater für ihre Klasse in den Bereichen.
Es gibt wöchentliche pädagogische Konferenzen.
Die Leitung der Konferenzen rotiert im Kollegium.
1-Euro-Kräfte vollbringen (auch) pädagogische Arbeit.
Die Schule besitzt das Gütesiegel „Individuelle Förderung“.
Schüleraustausch nach England bereits in der Grundschule.
Gute PC Ausstattung ohne besonderes Geld (durch Spenden etc. ermög-licht), in jeder Klasse stehen mehrere Computer mit Internetanschluss.
Kein Klassenraum sieht aus wie der andere – wegen seiner Produkte aber auch wegen seiner Möbel.
Es gibt keinen klassischen Schulhof.
Der Schulhof besteht aus Teich, Gelände, Fußballfeld, die Kinder dürfen überall hin.
Es gibt eine Schulbibliothek.
Es gibt Partnerklassen in England.
Die Schule ist vernetzt, u.a. in dem Schulverbund „Blick über den Zaun“.
Teile des Gebäudes sind von Kindern und Lehrern selbst bemalt.
Die Flure sind voller Kinder, Materialien, Arbeitsecken, da sie zum Arbeiten genutzt werden und nicht nur zum Flur-Sein.
Es gibt eine Gruppe von Kindern, die mit Lehrern ganztags in der Schule bleiben.
Kinder kochen in der Ganztagsgruppe („FLIEG – Feste Langzeit in einer Gruppe“).
Schüler lesen Kindergartenkindern vor (Lesepaten-Projekt).
Es herrscht Professionalität und Aufgeschlossenheit gegenüber Besuchern (seitens der Kinder und Lehrer).
Besucher, Praktikanten etc. dürfen sich ebenso frei bewegen wie die Kinder und Lehrer.
Wenn möglich, nimmt man sich Zeit für Besucher.
Besucher werden in der Konferenz oder der Schulversammlung vorge-stellt, man bleibt nicht anonym.
Es finden regelmäßig Projektwochen statt, in denen nicht selten über 50 verschiedene Themen behandelt werden.
Kinder „nutzen“ Erwachsene (egal ob bekannt oder unbekannt) bei Bedarf von sich aus als Unterstützung.
Kinder gehen ans Telefon im Lehrerzimmer oder Sekretariat.
Wöchentlich findet die „Kinderuni“ statt. 73) Es gibt zahlreiche ge-meinsam organisierte Feste.
Es wurde ein Kinofilm („Der Schulkrimi“) gedreht, wozu auch örtliche Institutionen wie die Polizei und Feuerwehr einbezogen wurden.
Kinder ermahnen Lehrer oder erinnern an Regeln (nicht nur umgekehrt).
Monatlich finden „Kinderkonferenzen“ statt (das Kollegium berät über einzelne Kinder).
Regeln werden gemeinsam aufgestellt und sind veränderbar.
Es gibt nur wenige (Schul)Regeln.
Es finden in den Klassen regelmäßig Dichterlesungen statt (eigene Texte werden vorgelesen und diskutiert).
Aktuelle Geschehnisse werden ins Schulleben einbezogen (z. B. Be-sichtigung einer Kanalbaustelle vor Ort).
Die Klassen haben Namen, keine Nummern.
Es gibt verschiedenen Sprachunterricht - auch Türkisch.
Ziffernnoten werden so lange wie möglich vermieden – der Antrag auf eine noten freie Schule läuft
Kinder und ihre Bedürfnisse, Fragen, Ideen werden angehört – nicht nur innerhalb der Schule (z. B. Beteiligung an der Tagung Demokratische Grundschule an der Universität Siegen).
Die Pausenzeiten wurden vom Kinderparlament geändert.
Es gibt feste Sitzkreise in den meisten Klassen.
Skype und E-Mail-Kommunikation mit Österreich und England findet statt.
Die Lehrer unternehmen gemeinsam fortbildende Exkursionen (im In- und Aus- land) – auch 1-Euro-Kräfte sind dabei.
Die Selbsteinschätzung der Kinder spielt eine wichtige Rolle bei der Leistungsbewertung.
Vieles kann in der Schule gelassen werden – d.h. es gibt keine schweren Schulranzen (auch weil kaum Schulbücher verwendet werden).
Kinder übernehmen Dienste für Schulgarten, Ausleihe von Material etc.
Es gibt zahlreiche AGs über den „Standard“ hinaus (z. B. Golf, Schach, Einrad- fahren, Theater, Garten, Foto).
Gespräche mit einzelnen Kindern sind die Regel, nicht das Sprechen mit bzw. vor der ganzen Klasse.
Produkte der Kinder werden wertgeschätzt und sind sichtbar (Bücher mit freien Texten werden gedruckt, es gibt Ausstellungen und Weihnachtsmarktverkäufe).
Es gibt eine Schulband (sie probt auch in den Pausen, Eltern sind z. T. mit dabei).
Kinder können Klassen stunden- bzw. tageweise wechseln.
Bilder der Kinder werden im ganzen Gebäude ausgestellt.
Es gibt den Kinder-Eltern-Lehrersprechtag, nicht Elternsprechtag.
Von jeder Klasse aus kann auf einem zentralen Drucker gedruckt werden.
Kinder übernehmen die Moderation und Organisation von Schul-versammlungen.
Harmonie heißt der Ortsteil.
1Dieses Dokument ist ei ne Ergänzung zu meinem Artikel „Eine etwas andere Regelschule – Mein persönli- cher Blick auf die Grundschule Harmonie“ aus dem Buch „Demokratische Grundschule – Mitbestimmung von Kindern über i hr Leben und Lernen“.
2Ein Dank gilt Laura Schönherr und Axel Backhaus, die fleißig mitgesammelt haben.