Walter Hövel
Besuch von der Uni Bremen

 

März 2013

 

 

 

Jetzt weiß ich, warum ich 500 Kilometer durch Deutschland reisen musste, bis ich so eine Schule zu sehen bekomme!“ resümierte einer der Studenten von der Uni Bremen. Das Seminar angehender Lehrerinnen und Lehrer, geleitet von der Dozentin Angela Bolland, war tief beeindruckt von der Pädagogik, die hier in Eitorf nun im neunzehnten Jahr jeden Tag stattfindet.

 

 

 

Sie waren sonntags angereist und kombinierten bis zum Dienstag ihre Seminararbeit mit dem, was sie an der Europaschule Harmonie in Eitorf zu sehen bekamen.

 

 

 

Der Montag begann mit der Montagsversammlung aller Kinder und Erwachsenen. Sie waren überrascht von der Disziplin der Kinder, ihrem spürbaren Engagement und der Atmosphäre einer funktionierenden Lernergemeinschaft. Sie hörten wie Kinder und Erwachsene die „Frage der Woche“ mit großem Wissen und in großer Vielfalt beantworteten. Sie erlebten einen typischen Morgen, an dem die Kinder aus ihren Klassenkreisen heraus wissen was, wie und mit wem sie selbst ständig arbeiten.

 

 

 

Die Konferenz der Lehrerinnen und Lehrer am Mittag wurde gemeinsam mit dem Uniseminar und weiteren acht mehrwöchig anwesenden Praktikantinnen verschiedener Universitäten und Schulen als Fortbildung gestaltet. Über zwei Stunden wurde bearbeitet, wie an einer modernen Schule heute, das selbstständige und eigenaktive Arbeiten der Kinder gepflegt, die Qualität des Lernens gesteigert und ein demokratischer und freundlicher Umgang Aller mit Allen entwickelt wird.

 

 

 

Am nächsten Morgen sahen sie eine unserer „Kinderunis“. Sie sahen wie Kinder in einem Matheladen Geschäfte gründeten, Währungsentwicklungen begleiteten und nebenbei ihr Spiel im Verkaufsladen mathematisierten. In weiteren 16 Seminaren hörten und sahen sie wie Kinder über das Thema „Was sind Gedanken“ philosophierten, eigene Kunst und Lyrik kreierten, an eigenen Fragen und Themen arbeiteten, Postkarten an die englische Partnerschulen schrieben, für die Schulzeitung als „echte Redaktion“ arbeiteten, ein Spiel und seine Kombinatorik untersuchten. Andere schrieben erste Texte, spielten in

 

der Sporthalle Kooperationsspiele, erfanden eine eigene „Wettermusik“ oder malten Straßenschilder mit den Namen und Entfernungen zu unseren vielen Partnerschulen in ganz Europa. Es wurden Texte gesetzt und gedruckt, Portraits gezeichnet, Bibeltexte bearbeitet und Schachspiele ausgetragen. Kunst und Mathematik wurden im Kunstraum verbunden und in der Bibliothek wurde in Ruhe gelesen.

 

 

 

Von diesen „Kinderuni“tagen gibt es jeden Monat sechs, mit immer wiederkehrenden Themen, aber auch ständig neuen Angeboten.

 

 

 

Immer wieder tagten die Studentinnen und Studenten um ihre Beobachtungen zusammenzutragen, auszuwerten und zu theoretisieren. Die letzten beiden Stunden gehörten einem Gespräch mit dem Schulleiter Walter Hövel. Schwerpunkte dieses Gesprächs waren die Verwirklichung der Inklusion, die Didaktik der Faszination der Kinder, um den eigenen Anspruch an eigenes Lernen umzusetzen und die Perspektiven der Lehrerinnenbildung heute.

 

 

 

Die Studentinnen und Studenten hinterließen der Schule eine reichhaltige Sammlung ihrer Auswertungen. Hier einige Ausschnitte: Harmonie „bedeutet Lernprovokation durch die Lehrkräfte, mit Entwicklungen, Anreizen, Lernbegleitern, Vertrauen, Impulsen, Kinderfragen, Motivationen, Vielfalt, Diskussionen, Kommunikation, Sprache, Stufen, Herausforderungen, Anregungen und Unterstützung.

 

 

 

EinTag in Harmonie: Mitbestimmung, Inklusion, Eigenverantwortung, Motivation, Abwechslung, Begeisterung, Hingabe, Abenteuer, Herausforderung, Muße, Forschen, Neugier, Vielfalt, Kreativität.

 

 

 

Sie hinterließen uns auch ein „Menue der Vielfalt der Grundschule Harmonie“, mit dem AperitifMan nehme: Mehrere Dutzend unterschiedlichst große und kleine Leute, dazu gibt man ganz viel Vertrauen, eine Menge Mut und Kreativität, vermengt dies mit Wahrnehmung und Offenheit und einer gehörigen Portion Freiheit, sowie einem gehäuften Esslöffel Motivation und Energie, dem HauptgangMan nehme: Zahlreiche zündende Ideen werden mit einer ordentlichen Portion Initiative zum Kochen gebracht. Unter ständigem Rühren mit Spiel, Spaß und Spannung verfeinert und in einer liebevollen, kindgerechten Atmosphäre gebunden. Lebendig, mit einem Hauch von Impulsen wird das Häubchen durchSelbstund Mitbestimmung in einer vollendeten Formgarniert,und einem DessertMan nehme: Eine bestehende Kreation aus Stärke und Selbstvertrauen für den Genuss von Mündigkeit.

 

 

 

Eine Studentin verabschiedete sich mit den Worten „ Danke das live erlebt haben zu dürfen, nicht hinter einer TV-Glasscheibe“.

 

 

 

Eine Kollegin der Grundschule Harmonie: „Die Bremer Studenten, die bei mir in der Klasse waren, gehörten zu jenen Gästen, die sofort mittendrin im Geschehen sind und sich auf das Lerngeschehen in der Klasse und auf die Kinder einlassen. Sie sind sofort mit eingestiegen, haben einzelne Kinder

 

beim Lernen begleitet und Kontakt ihnen aufgenommen.

 

 

 

Während der Konferenz ist mir aufgefallen, dass sie nicht die klassischen "Wie macht ihr das denn mit dem jahrgangsübergreifenden Lernen und können die Kinder am Ende auch alles, was sie können müssen?"- Fragen gestellt haben. Es war zu spüren, dass sie uns zutrauten, dass das, was wir an unserer Schule tun, funktioniert. Sie haben nach Lernentwicklungsberichten gefragt, unterhielten sich mit Kindern darüber, wie diese Mathe lernen.

 

 

 

Sie wollten wissen, wie wir Kinder motivieren, die an bestimmte Lernbereiche nicht herangehen, wie wir Leistungen bewerten, ohne Tests zu schreiben, und wie (nicht ob!!) unsere Kinder auf der weiterführenden Schule zurechtkommen.

 

 

 

Ich hatte das Gefühl, dass sie wirklich verstehen wollten, wie wir arbeiten. Sie wollten der Sache auf den Grund gehen.

 

 

 

Die Grundschule Harmonie wird seit fast 20 Jahren wöchentlich aus allen Teilen Deutschlands und Europas besucht. Diese nun mehr wöchentliche Begegnung mit Fachmenschen aus Wissenschaft, Schule, Industrie, Politik und Universitäten ist ein immer weiter laufender Motor einer nicht anhaltenden Schulentwicklung.

 

 

 

Die Gesprächs- und Fragerunden zwingen dazu, die eigene Arbeit zu erklären, zu begründen, zu überdenken und zu hinterfragen. Der Besuch der Uni Bremen im Jahr 2011 hatte eine Studentin so beeindruckt, dass sie ein Urlaubssemester nahm und von Oktober bis Weihnachten 2013 und in der Schule mitarbeitete.

 

 

 

Marie Stöckl brachte dann auch gleich für ein paar Tage ihren Vater, Professor Dr. Johannes Merkel mit. Auch er arbeitete mit den Kindern. Sein seit Jahrzehnten bekanntes und anerkanntes Erzählangebot war Meisterklasse!