Walter Hövel
Ein seltenes Schreiben

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen (grins),

nach den letzten für mich sehr aufregenden, anstrengenden, tollen, aufwühlenden Tagen komme ich endlich Heute dazu, Euch ein paar Zeilen zu schreiben.

Ich weiß nicht, wie ich Euch ALLEN danken soll.

Ich habe heute noch einmal meine Zeit (immerhin fast ein Jahr) in der Schule Revue passieren lassen.

Ich sitze hier vor meiner Wohnung und genieße die Sonne! Das erste Mal seit gut 2 Jahren. Die letzten beiden Jahre sind mehr oder weniger an mir vorbei gegangen, ohne das ich allzu viel davon mit bekommen habe. Die Jahreszeiten habe ich nur registriert, weil ich andere Kleidung anziehen musste. Die Hoffnung auf eine Arbeit, die mir Spaß macht, die ich kann und die mir ein einigermaßen gutes finanzielles Auskommen ermöglicht, hatte ich schon (fast) verloren. Mein Selbstvertrauen und meine Selbstachtung sind, je länger ich ohne Arbeit war, immer weiter gesunken bis fast nichts mehr davon übrig war.

Dann kam ich an Eure Schule:

Hier habe ich dann erfahren dürfen, das mein Wissen und meine Erfahrungen doch noch gebraucht und geschätzt werden. Das man mir noch etwas zutraut. (Ich selber traute mir eigentlich gar nichts mehr zu) Das es Menschen gab, die in mir nicht den Arbeitslosen, den Ein-Euro-Jobber, sahen.

Ich durfte mit in den Unterricht!

Ich durfte Kindern etwas beibringen!

Ich durfte mit nach Berlin! (Hier hatte ich erst einmal Angst. Angst davor, jemandem von Euch den Platz weg zu nehmen. Der doofe Ein-Euro-Jobber (Selbstbild von mir) darf nach Berlin und ein Lehrer muss dafür an der Schule bleiben - ) Ihr habt mich eines Besseren belehrt. Ich durfte nach Bremen (Symposion der Freinet-Kooperative), ich durfte mit nach Slowenien und ich durfte mit nach England.

Ihr habt mich in Euer Kollegium aufgenommen. Ich durfte bei Konferenzen dabei sein. Ich wurde von Euch zu Geburtstagen eingeladen und man/frau freute sich, wenn ich dann auch kam!! Ich wurde zu diversen Essen eingeladen! Ich gehörte dazu! Ich habe erfahren dürfen, das ich noch etwas wert war (bin).

Mein eigenes Empfinden sagte mir aber immer noch etwas ANDERES! Mehr als einmal kam mir in dieser Zeit der Gedanke, einfach nur aufzugeben. ABER:- Ich wurde doch gebraucht. Die Anderen verließen sich doch darauf, das ich in die Schule kam.

Alles aufzuzählen, was ich bei Euch (mit Euch, durch Euch) erfahren und lernen durfte, würde den Rahmen einer Mail bei weitem sprengen!!! (Vielleicht schreibe ich mal ein Buch darüber (grins).)

Wie schon am Anfang geschrieben: Ich weiß nicht, wie ich Euch Allen danken kann. Auch (last but not least) wegen des Geldes zu meinem Geburtstag. Es ermöglicht mir, meinem Sohn einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen und mit ihm ein paar Ferientage in Irland zu verbringen!

Seit 1 ½ Wochen habe ich einfach nur Angst davor: aufzuwachen! Ich denke immer noch es ist ein Traum!

Ich muss mich an den Gedanken gewöhnen, kein doofer Ein-Euro-Jobber- zu sein.

Ich muss mich daran gewöhnen (wieder) Lehrer zu sein.

Ich muss mich an viel Neues gewöhnen. Wie: Die Sonne vor meiner Wohnung zu genießen!

 

Vielen lieben Dank Euch ALLEN!!

 

Euer Kollege (doppel-, dreifach-grins, lach)