Claudia Preimel
„Vor Unterschieden braucht man keine Angst zu haben“
Reflexion einer Gruppenarbeit am 25.04.2005 an der Grundschule Harmonie
Gruppenteilnehmer:
Claudia, Claudia, Elisabeth, Ferdinand, Gerhard und Michael aus Klagenfurt, Sina, Alma und Marc von der Grundschule Harmonie.
Elisabeth: Ich habe heute zwei Kinder am Gang getroffen, die nicht gewusst haben, was sie tun sollen. Was passiert, wenn die Kinder keine Lust haben, etwas zu tun und wie kontrolliert ihr das?
Sina: Ich handhabe es so, dass ich mich in der Klasse umsehe. Kinder, die nicht wissen, was sie tun ist, kommen zu mir. Es gibt Tage, an denen Kinder nicht lernen können, dann dürfen sie auch mal rausgehen.
Alma: Ich gehe davon aus, dass es einen Grund gibt, wenn Kinder nicht arbeiten. Bsp.: alle Kinder müssen einen Text lesen, einige drücken sich. Es kam heraus, dass die Kinder, die nicht lasen, persönliche Probleme hatten.
Marc: Mit Kindern, denen nichts einfällt, wird im Kreis besprochen, welche Themen bearbeitet werden könnten. Bei der offenen Arbeitsweise gibt es immer Zeit, auf einzelne Kinder einzugehen.
Sina: Ich bin seit Februar hier und habe die Erfahrung gemacht, dass manche Kinder oft an einem Tag nicht viel machen, dafür schaffen sie am nächsten Tag viel mehr. Dass Kinder eine Woche nichts arbeiten, hat es noch nie gegeben.
Ferdinand: Müssen die Kinder am Ende der Woche ihre Arbeiten präsentieren?
Alma: Sie müssen die Ergebnisse nicht immer vor allen Kindern vorstellen, jedoch muss ein Ergebnis in Form eines Plakates oder Buches sichtbar sein.
Ferdinand: Kommt es vor, dass die Lehrer/innen einer vierten Klasse Panik bekommen, weil sie das Gefühl haben, dass ein Kind auf Grund von Schreibschwierigkeiten in einer höheren Schule nicht weiterkommen könnte?
Marc: Zu diesem Thema kann ich nicht viel sagen, da ich an dieser Schule noch keine vierte Klasse hatte. Ich bin mir sicher, dass meine Kollegen/Kolleginnen über die Rechtschreibfertigkeiten Bescheid wissen.
Sina: Ich unterrichte gerade in einer dritten Klasse und die Kinder schreiben viele Texte. Die Texte werden gemeinsam besprochen und am PC gemeinsam korrigiert. Manche Kinder kommen selbstständig auf mich zu und wollen Rechtschreiben üben. Die fertigen Texte werden am PC geschrieben und kommen dann ins Geschichtenbuch.
Marc: Es gibt immer einige Kinder, die selber kein Interesse haben, richtig zu schreiben. Es wird den Kindern kein Stress gemacht, die Kinder gehen entspannt damit um.
Sina: Die Eltern haben oft großes Interesse, dass die Kinder die Rechtschreibung richtig erlernen.
Gerhard: Ich war 1997 das erste Mal hier, um zu hospitieren. Ich habe die Entwicklung der Schule seit damals beobachtet. Sie entwickelte sich vom Wochenplan zum freien Arbeiten. Grundsätzlich ist es so, dass Kinder lernen wollen, wenn sie in die Schule kommen. Leider geht diese Lust am Lernen in vielen Schulen verloren. Als Lehrer/innen haben wir die Verantwortung für die Kinder, aus diesem Grund können sich die Kinder nicht zu lange eine Auszeit nehmen.
Gerhard: Wie ist es möglich, einen Überblick über jede Schülerin/jeden Schüler zu erhalten?
Sina: Ich persönlich verschaffe mir einen Überblick, indem ich die Kinder beobachte und Notizen in meinen Collegeblock mache. Zu Hause werden die Notizen in den PC geschrieben und so sehe ich, welche Kinder an diesem Tag nicht viel getan haben. Diese Kinder werden dann am nächsten Tag genau beobachtet. Hausübungen suchen sich die Kinder selbst aus.
Marc: Ich führe keinen Notizblock. Ich persönlich gehe anders vor. Durch die originalen Produkte der Kinder bekomme ich einen guten Einblick in die derzeitige Lernsituation der Kinder. Ich unterrichte nur in wenigen Fällen klassisch, daher bleibt mir viel Zeit zum Beobachten. Es gibt auch häufig Präsentationen der Kinder.
In den Klassen werden auch Überforderungstests durchgeführt, die Themen beinhalten, die bis zum Schulende beherrscht werden müssen. Die Kinder bekommen dadurch einen Einblick, was sie noch lernen müssen.
Alma: Anfangs war es schwierig für mich, einen Überblick zu bekommen. Im Morgenkreis wurden die Themen besprochen und so wusste ich darüber Bescheid, was die einzelnen Kinder für den jeweiligen Tag vorhatten. Mittlerweile habe ich schon ohne vorheriger Besprechung einen guten Überblick.
Marc: Es ist allen Lehrer/innen klar, dass Lernen immer mit Beziehung zu tun hat. Wichtig ist die Pflege der Beziehungen unter den Kindern und mit den Kindern. Wenn man mit Kindern eine gute Beziehung hat, erhält man auch Einblicke in ihre Probleme, die zu Lernblockaden führen können. Beziehungsarbeit bedeutet Kraft und Energie.
Claudia: Wie weit ist es für Eltern nachvollziehbar, was in der Schule gemacht wird?
Marc: Wir arbeiten mit einem Selbsteinschätzungsbogen, weil unsere Schule daran interessiert ist, transparent zu sein. Bei der Einschulung der Kinder werden unsere Methoden vorgestellt, die bei den Eltern unterschiedlich ankommen.
Claudia: Haben Eltern die Wahl, ihre Kinder in eine andere Schule zu geben?
Gerhard: Ich glaube diese Schule überzeugt, weil sie genug Kinder hat.
Marc: Nächstes wird es Einschränkungen durch die Schulsprengel geben.
Sina: Es gibt positive und negative Beispiele. Es gibt z.B. Eltern, die umgezogen sind, damit ihre Kinder in diese Schule gehen können.
Manche Eltern wiederum glauben, dass ihre Kinder in dieser Schule zu wenig lernen und lernen mit den Kindern zusätzlich am Nachmittag.
Marc: Transparenz ist uns wichtig. Es werden jederzeit Gespräche mit den Eltern angeboten analog zu Überforderungstests.
Bei den Selbsteinschätzungsbögen gibt es drei Spalten. In einer Spalte schätzt sich das Kind selbst ein, in der anderen schätzen die Lehrer/innen das Kind ein und in der letzten Spalte schätzen die Eltern ihr Kind ein. Die Lehrer/innen und Kinder tragen gemeinsam auf einem Bogen ein und die Eltern erhalten beim Elternsprechtag selber einen Bogen. Die Ergebnisse werden dann verglichen.
Alma: Die Eltern bekommen einen guten Einblick und wissen, was von den Kindern verlangt wird. Viele Eltern unterschätzen ihre Kinder.
Sina: Die meisten Kinder können sich selbst gut einschätzen, weil mit ihnen viel über das Lernen gesprochen wird.
Marc: Auch bei den Präsentationen gibt es sofort ein Feedback für die Kinder.
Claudia: Werden in der vierten Klasse Noten gegeben?
Marc: Ja, das müssen wir machen. In der dritten Klasse wurde durch ein Gremium im Beisein der Eltern bestimmt, dass noch keine Noten gegeben werden.
Alma: Anfangs wollten die Eltern wissen, ob sie bei Nachfrage die Noten der Kinder erfahren können. Jedoch reicht ihnen der Selbsteinschätzungsbogen vollkommen aus und daher bleibt die Nachfrage der Noten aus.
Gerhard: Wie seht ihr generell die Zusammenarbeit mit den Eltern, ist sie ausreichend oder zu wenig?
Marc: Das hängt von der Thematik ab. Es gibt immer beide Seiten. Manche Eltern sind sehr engagiert und manchen Eltern kann man nichts recht machen.
Sina: Obwohl ich erst seit Februar an der Schule arbeite, bekam ich fast noch keine Rückmeldungen, weder positiv noch negativ.
Ferdinand: Wie wird die Einschränkung durch den Schulsprengel für die Eltern aussehen?
Marc: Es gibt Eltern, die klagen wollen, weil sie ihre Kinder nicht in diese Schule geben wollen. Wir werden jedoch versuchen, intern mit anderen Schulen zu tauschen. Wenn Kinder einer anderen Schule zu uns gehen wollen, können sie mit den Kindern, die nicht hier sein wollen, tauschen.
Gerhard: Wie sieht der Durchschnitts – Eitorfer die Schule?
Alma: Jeder Einwohner kennt die Schule.
Marc: Mittlerweile werden wir als Grundschule akzeptiert. Zuerst dachten die Leute, dass dies eine Waldorfschule werden würde und später wurde sie als Montessori – Schule angesehen, weil sie dachten, alle Kinder können tun, was sie wollen. Viele Leute reden einfach ohne etwas über unsere Schule zu wissen.
Auch bei Seminaren kommt es vor, dass sich Leute durch unsere Methoden und Meinungen angegriffen fühlen, auch wenn wir gar nichts sagen.
Michael: Ist es überhaupt nicht möglich, von einem Schulsprengel zum anderen zu wechseln?
Marc: Grundsätzlich ist es möglich, aber es ist sehr schwierig.
Claudia: Bekommt Walter die Lehrer/innen zugeteilt oder darf er sie selbst aussuchen?
Marc: Das Schulamt ist der Schule wohlgestimmt, daher kann man Wünsche dort deponieren. Sina und ich haben hier Vertretungsstellen erhalten, die wir auf Wunsch erhalten haben.
Gerhard: Wie lange dauert ein Referendariat und in welchem Ausmaß wird es angesetzt?
Alma: Insgesamt dauert es zwei Jahre und wird benotet. 10mal erhält man Besuch von den Ausbildnern. Vier Tage unterrichtet man in der Schule und am fünften Tag gibt es theoretischen Unterricht.
Claudia: Wie geht das Kollegium mit den unterschiedlichen Methoden der Lehrer/innen um?
Alma: Es gibt einen Konsens über Grundfragen (wie geht man mit Kindern um, wie können Kinder mitsprechen,...?)
Marc: Vor Unterschieden braucht man keine Angst zu haben, jede/r hat andere Schwerpunkte.
Sina: Durch Unterschiede kann man sich ergänzen, Schwächen werden angesprochen und im Kollegium wird gegenseitig geholfen.