Walter Hövel
„Wo Wissen und Herausforderung einen gemeinsamen Weg finden“1
Ein Danke an den Schulleiter Thomas Körner

 

Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass wir uns feiern. In unserem Alter und bei jüngeren Menschen gibt es viele Gelegenheiten. Da sind runde Geburtstage, Pensionierungen, Erfolge, Mühen, Fragen und Versuche oder selbst unserer Ableben. Hin und wieder geschieht so etwas auch.

 

Manchmal schreibt auch die eine oder der andere selbst, wenn sie aufhören mit der eigenen Arbeit an der Schule Kindergarten oder Hochschule. „Das „Hinausschleichen“ findet dann eher bei Austritten statt.

 

Bei anderen wichtigen Persönlichkeiten wie Gisela Tamm, Herbert Hagstedt, Eva Schulz, Rolf Wagner, Ulli Hecker, Gesa Bahlke, Jochen Hering, Ute Geuß, Angela Glänzel, Wolfgang Mützelfeld, Angelika von Amern, Christian Schreger, Donat Stemmle und vielen, vielen anderen mehr, geschieht das nicht oder zu selten. Selten verabschiedet sich jemand. Selten wird jemand verabschiedet oder gefeiert.

 

Somit genieße ich es ab und an jemanden zu feiern.

 

Heute möchte ich Thomas Körner würdigen. Er hört im Juli 2019 mit der Leitung einer kleinen, aber feinen Schule in der Nähe von Salzburg auf. Thomas wurde in der Nähe von Köln geboren, wurde Büchsenmacher und wanderte wegen seiner Berufsausbildung nach Österreich aus und, - weil er nicht zum Bund, also zu Militär wollte.

 

Er fand seine Heimat als Freinetpädagoge inmitten von Montessorianer*innen, der Hochschule Salzburg, Freunden und Feinden im Schuldienst und in den „Wirren“ der österreichischen Freinetbewegung.

 

Immer folgte er seinem eigenen inneren Weg, ohne jemals den Kontakt zu Menschen und Strukturen der internationalen und nationalen Freinetbewegung und den Menschen in seiner Umgebung zu verlieren.

 

Er machte aus einer kleinen Zweiklassenschule mitten auf dem Land in Seekirchen-Mödlham eine sehr moderne, und(!) in der Bevölkerung verankerte Schule2. Er beschreibt 2017 die eigene Schule mit den Worten:

 

„Wir sind auf dem Weg zu einer ganzheitlichen kreativen, kompetenzorientierten Lernkultur, bei der das Kind im Mittelpunkt seines aktiven, forschenden und entdeckenden Lernen steht.

In altersgemischten Grundstufenklassen werden freie Arbeitsphasen, Lernateliers, Themenräume und eine Bibliothek angeboten. Die ansprechende Lernumgebung ermöglicht den Kindern einzeln oder in Gruppen, individuelle, an ihren Stärken orientierte Lernwege zu gehen.

Ein kompetenzorientiertes, nach den Bildungsstandards ausgerichtetes miteinander und voneinander Lernen erfordert alternative Beurteilungen. Mit Präsentationen, Stärkeportfolios oder direkter Leistungsvorlage werden bereits erworbene Kompetenzen weiter ausgebildet. Mechanisch-rezeptives Lernen wird durch Lernstrategien ersetzt, die Sinn orientiert und selbstständig entwickelt werden.
Die Einbeziehung der Umwelt als zusätzlichen Lernort unterstützt unsere Bestrebungen in Richtung ökologisch und nachhaltig orientierten Schulentwicklung.

Die Eltern unserer Kinder nehmen aktiv am Schulleben teil. Sie sind in einem Elternverein (österreichisches Wort für „Elternpflegschaft“) organisiert, der einen intensiven Kontakt mit der Schule pflegt und unter anderem auch gemeinsame Feste veranstaltet.

Mit dem im Haus untergebrachten Kindergarten besteht eine enge Zusammenarbeit und ein reger pädagogischer Austausch.

Authentizität, Gleichachtung, gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung sind die Säulen unseres Schullebens.

Basisdemokratische Strukturen finden in der Montagsversammlung und im Klassenrat wieder und runden unser Bild von einer modernen, offenen Schule als lernende Organisation ab.“

Leider schreibt Thomas Körner nicht so viel über seine freinetische Praxis und das Denken, das ihn zu seinem konsequenten Handeln führt. Er lehrt aber in Seminaren der PH und betreut immer wieder hospitierende Gäste.

 

Das einfach Irre an seiner Beschreibung ist, dass das Beschriebene wirklich täglich in der Schule stattfindet. Nicht die Worte waren, wie so oft in einem „leitenden“ Anspruch zur Provokation einer progressiven Schule zuerst da, sondern er sucht bekannte pädagogische Begriffe um zu schildern, was „seine“ Kinder und Kolleginnen in ihrem Alltag tun.

Er beweist, warum es einen freinetpädagogischen Anspruch an eine Lernwirklichkeit weiterhin geben muss.

 

Wir sollten viel mehr veröffentlichen, was wir taten und tun. Wir sind noch lange nicht an unserem Ziel. Thomas Körner ist ein sehr gutes Beispiel von (nicht so) vielen.

 

1Homepage der VS Mödlham

 

2Ich nahm sie in der Sammlung toller Schulen auf: Walter Hövel. Kinder brauchen das ganze Dorf. In: Rabensteiner/ Rabensteiner. Internationalization in Teacher Education. Interculturality. Volume 2. Schneider Verlag. 2014. S.187-214. http://www.walter-hoevel.de/schulentwicklung/kinder-brauchen-das-ganze-dorf/