Walter Hövel
Was ich in 40 Jahren so hörte
In der Schweiz verdienen Lehrer*innen am meisten Geld. Sie werden von den Kommunen eingestellt und müssen das in der Schule tun, was der Staat verlangt.1
In Österreich sind die konfessionellen Schulen oft fortschrittlicher als die sehr altmodische und gegliederte Normalschule.
In Frankreich sind die Schulen sehr autoritär. Sie haben drei Monate Sommerferien. Kindergärten finden in der Schule als kostenfreie „Ecole maternelle“ statt.2 Monaco ist Teil des französischen Schulsystems.
In den Niederlanden musste eine Schule ab 60 Eltern das pädagogische Profil haben, was die Eltern wollen. Sehr bekannt wurden und sind, die Jenaplan-, die Montessori-, die Daltonplan- und Freinetschulen. Heute erfährt das Land eine durchschnittliche europäische Entwicklung wie in Deutschland.
In Belgien sind oder waren die Schulen liberaler und kinderfreundlicher als in Deutschland oder sie sind autorotärer und
Elternfreundlicher.
In Deutschland ist die Bildung aufgeteilt in Kindertagesstäten, Kindergärten der Sonderpädagogik, Horte, Grundschulen von der 4. bis 6. Klasse, Sonder- und Förderschulen, Orientierungsstufen, Haupt- oder Sekundar-schulen, Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, kooperative Gesamt-schulen, midestens 16 Sonder- oder Förderschulen, Berufsschulen, Fachschulen, Hochschulen, Universitäten, Werksschulen, staatliche, freie und private Schulen, Schulen von 16 Bundesländern und noch manch eine andere Schulform. Nirgendwo gibt es solch eine soziale Benachteiligung, föderale Aufteilung und gesamt-gesellschaftliche (Zer)-Gliederung zur Aufrechterhaltung von Macht.
In Luxemburg wird in länger als deutsche dauernden Grundschulen Letzeburgisch gesprochen. In der „höheren“ Schule fanzösisch. Luxemburgische wie deutsche Eltern wollen gerne die Freiheit für ihr Kind, aber nicht deren Freiheit.
In Spanien findest du sehr tradionelle, aber auch fortschrittliche Schulen. 30% der Kinder werden in meist katholische Privatschulen geschickt. Die anderen erfahren eine spanische Gesamtschule. Viele progressive Lehrer*innen wanderten nach Mittel- und Südamerika aus.
In Portugal gibt es die staatliche „Escola da Ponte“, wo die Kinder selbst entscheiden, ob sie zur Schule gehen oder nicht. Das Land hat viele private Schulen und eine 9-jährige Gesamtschule.
In Dänemark sind die Schüler*innen als 9-jährige Einheitsschulen sehr frei, aber lernen im Sinne internationaler Vergleiche „nicht genug“. Dänemark ist bekannt durch seine vorbildliche Pädagogik und Inklusion.
In Schweden gibt es ein verbreitetes Privatschulsystem, in dem nicht-staatliche Schulbesitzer viel und die Lehrer*innen weniger verdienen sollen. Die Lehrer*innen mit den besten Abschlüssen sollen in Kitas und Grundschulen, die Gesamtschulen geschickt werden. Sie kennen altersgemschtes Lernen. Viele schwedische Schulen haben - auch mit ihrem Einheitsschulmodell - international einen guten Ruf.
In Norwegen gibt es keine einheitliche Rechtschreibung. Jede/r spricht und schreibt seinen Dialekt. Bis zum 7.Schuljahr gibt es in der 10-jährigen Grundschule für alle, keine Noten oder Zeugnisse.
In Finnland ist Schule, obwohl für Kinder orientiert, nach deren Aussagen oft langweilig. Sie überlässt das Lernen nicht den Lerner*innen. Nur Schüler*innen mit allerbesten Abschlüssen werden im Lehrer*innenstudium zugelassen. Für die gesamte Bildung werden sie gleich ausgebildet und bezahlt. Es gibt keine Noten und die Ausbildung „verläuft“ nicht mehr in Fächern.
In Island lernt man in der Regel in einer Gesamtschule von 1 bis 10. Kita, Gesamtschule und Uni stehen unter der Aufsicht des Staates (Menntamálaráðuneyti). 3
In Polen hatten die Lehrer*innen alle sieben Jahre ein bezahltes Sabbatjahr. Die EU schaffte das ab. Wie im US-amerikanischen Bildungssystem kennt man nur Einheitsschulen.
In Estland lernten Lehrer*innen noch einen „richtigen“ Beruf dazu. Heute gehört Estland mit seinem europäischen Gesamtschulsystem zu den erfolgreichsten PISA-Ländern. Lehrer*innen werden zuerst als lernende Menschen gesehen. Die Bildung ist stark digitalisiert und nach draußen, in das Lokale, in die Welt orientiert.
In Litauen ist die Bildung ähnlich wie in Deutschland sozial gegliedert. Sie ist nicht sehr erfogreich.
In Lettland sind die längsten europäischen Sommerferien. Ansonsten ist es wie in Litauen.
In Russland gibt es die Gesamtschulen von der 1. bis zur 4. Klasse, und dann eine allgemeine Bildung weitere 5 Jahre. Russland kennt eine militärische Extraschule. Pädagogisch war das Niveau der Ausbildung in Sowietzeiten hoch.
Über Ungarn findest du nichts – wie bei anderen - in Wikipedia. Ein einjähriger Kindergarten gehört zur staatlichen Schule. Danach scheint in einem gegliederten Schulsystem tote Hose. Es ist anders als Deutschland zentralistisch organisiert und „kämpft“ mit den vielen Sprachen und Etnien des Landes.
In Tchechien wird die Grundschule nach dem 5. oder 7.Schuljahr gegliedert. Du kannst auch in der 9-jährigen „Volksschule“ bleiben. Das ging in Deutschland früher auch. Bei PISA blieben sie minimal unter dem Durchschnitt.
In Rumänien sind laut einer internationalen Befragung Kinder zufriedener als deutsche. Sie gehen lieber in die Schule. Was aber an den Eltern liegen soll. Grundschule und Gymnasium(!), hier das Pseudonym für Einheitsschule werden von allen Kindern und Jugendlichen bis nach der 9.Klasse besucht. Die Ausbildung der Lehrkräfte soll sehr zu wünschen übrig lassen.
In Bulgarien ist das Bildungsprinzip gegen Roma, Sinti und andere nationale Minderheiten gerichtet. Das Wort „Bildung“ taucht im April 2020 auf der Wikipediaseite erst gar nicht auf. Die Roma sollen alleine 12% der Bevölkerung stellen . Dieses Land und viele andere sind Mitglied der Europäischen Union!
In der Slowakei gibt es eine 9-jährige Gesamtschule, aber ab der 5.Klasse kannst du auch zum Gymnasium. Bei PISA liegen sie klar unter dem Durchschnitt. Das merken sie, nehmen aber diese „Nicht-Leistungs“schule „in Kauf“.
In Slowenien gibt's die 9-jährige Gesamtschule. Ich sah dort in einer staatlichen Schule Büchereien mit eigener Lehrkraft und genügend Reinigungspersonal. Das war anders als in Deutschland!
In Kroatien war mein Freund Milan Pädagogikprofessor. Traditionell sind Kindergarten und Grundschule wichtig. Es gibt die 8-jährige Schule für alle, aber auch die Förderschule und(!) ein musisches Schulangebot.
Serbien hat eine neunjährige Gesamtschule.
Von den anderen ehemaligen jugoslawischen Ländern Bosnien-Herzogewina, Nordmazedonien, Montenegro, Kosovo weiß ich nichts. Sie haben wohl alle eine Gesamtschule. Alle Romas werden auf dem Balkan unterjocht.
Albanien will aufholen. Auf den Kindergarten folgt eine neunjährige Grund-, also Gesamtschule.
In Griechenland besuchen alle Kinder die gleichen aufeinander folgenden Schultypen. Die Reichen des Landes investieren sehr viel Geld nur für ihre eigenen Kinder. Die OECD-Werte des Landes sind im unteren Bereich.
Das andoranische Bildungssystem umfasst ein andorranisches, ein spanisches und ein französisches Schulwesen sowie eine private englische Schule (Elians).
In der Türkei wird viel geschlagen. Die schlecht unterrichtenden und unwissenschaftlich ausgebildeten Lehrer*innen arbeiten oft in drei Schichten.
Wenn konservative türkische Eltern in Deutschland nicht mehr klarkommen, schicken sie ihre Kinder gerne in die Türkei zur Schule. Andere Eltern sind sehr an "moderner" Pädagogik
interessiert.
In Moldawien haben Schüler*innen, die Minderheiten angehören, das Recht auf Unterricht in ihrer Familiensprache. Die Lehrer*innen verdienen sehr, sehr wenig.
In Lichtenstein hörte ich nur zu. Es war wie in der Schweiz.
Gibt's in der Vatikanstadt überhaupt Schulen? Es gibt nur eine für junge Priester.
Im United Kingdom unterrichten Privatschulen noch nicht einmal nach dem “National Curriculum“. Oft unterrichten sie ohne Kinder je zu fragen, fast immer frontal. Seit Margret Thatcher erlosch die Flamme englischer Reformpädagogik fast vollkommen. Ich erlebte Summerhill, wo die die Schule miserabel, aber Summerhill selbst ein demokratischer Übort war. Ich erlebte eine Gesamtschule, wo Lehrer*innen nicht in die Klassen gingen, sondern die Schüler*innen in die Fachräume der Kollegen. Ich erlebte Schulen mit zentraler Ausgabe von Materialien. Ich erlebte „die Verwirklichung des digitalen Wunschtraums“: Du konntest als Lehrer*in die fertige Stunde aus dem Netz von der vorgesetzten Behörde beziehen. Ich erlebte, dass der europäische Kontakt vorsichtig in Richtung Eigenständig-keit der Kinder umgesetzt wurde. Brexit versucht das wieder zu beenden.
In Irland sind über 90% der Grundschulen in Händen der katholischen Kirche. Das Tragen von „Schuluniformren“ ist Pflicht. Sie kennen eine 6-jährige Grund- oder Gesamtschule.
In Italien (und San Marino) sah ich in Neapel Klassenräume ohne Fenster. Italienische Englischlehrer*innen schienen noch nie eine/n Engländer/in sprechen gehört zu haben. Seit 1970 gibt's keine Sonderschulen mehr. Die Region Südtirol hatte mehr Geld. Sie wollten alles pädagogigisch Neue aus Europa sehen und hören. In Sachen Inklusion oder Schulbau erlebte ich dort tolle Sachen. Und erst die Reggiopädagogik!
Malta kennt eine 11-jährige Gesamtschule in zwei Teilen. Dabei ist die Sekundarschule von 11-16 Jahren getrennt nach Geschlechtern(!). Sie wird durchgehend vom Staat finanziert.
Auf Zypern gibt es eine Grundschule und viel Einfluß des Geldes auf die Bildung.
Weißrussland hat demokratielos eine Einheitsschule.
Auffällig ist, wie die Ukraine sich um den Anschluss an Europa bemüht. Die Ukraine kämpft gegen Korruption, Analphabetismus, Entvölkerung und Krieg. Sie hat eine 9-jährige Gesamtschule.
1 In den Ländern mit blauer Schrift und „Verdana 14“ sah ich Schulen selbst
2 Hier – in rot - oder „Times New Roman 12“ - waren die Informant*innen Gäste der Grundschuie Harmonie oder ich traf sie auf internationalen Lehrer*innentreffen..