Walter Hövel
Kinder XVII
U
nderground
Üben
„Schulen sind nicht
zum Experimentieren da, sondern um neue Lösungen zu üben“
Peter Guttenhöfer
Schule ist ein Übungsort für andere und neue Inhalte und Formen des Miteinanders. Zum Beispiel ist Mehrheitsdemokratie nichts anderes als eine Herrschaftsform, die ersetzt gehört.
Übung ist auch eine einfache Form des Lernens, nicht Drill oder Zwang.
Überforderung
Wenn überforderte Kinder und überforderte
Lehrer*innen von und mit einander überfordert sind, ist das System in dem sie sich begegnen, vielleicht der Grund für ihre Überforderung.
Eine 16jährige Schülerin aus Hamburg antwortete auf die Frage „Warum ihre Lehrer*innen so oft überanstrengt seien: „Das ist doch klar! Wenn’s ums Lernen geht trauen sie uns Schülern nichts zu. Sie lassen uns nicht selbst lernen, obwohl wir genau das können. Haben wir aber einmal Ärger mit unseren Freunden, sagen sie zu uns ‚Regelt das selbst‘. Mit einer solchen Einstellung musst du Stress haben!“
Später berichteten auch wohlwollende Besucher der Grundschule Harmonie, dass sie nach einer eigenen konservativen Schulzeit überfordert waren mit dem, was sie erlebten.
Besucher waren durch die eigene Schulzeit und Erziehung so gebildet, dass sie nicht verstehen konnten und wollten, was
sie an der Grundschule Harmonie sahen. Schon meine Großeltern würden unsere Welt nicht mehr verstehen können.
Übergang
Den Übergang von Spiel und Wirklichkeit erleben
Kinder intensiver als Erwachsene. Das ist für sie ein wichtiger Weg des Lernens, den Schule zu oft vernachlässigt.
Überrascht
Viele Student*innen lehnen überrascht ab, wenn ich ihnen anbiete ihre Arbeit nicht schreiben zu müssen. Kaum ein*r von ihnen will
reden.
Überschätzung
Schule wird gerne überschätzt. Kinder
lernen das Meiste außerhalb von Schule. Was passiert, wenn die Schule täglich und in der Lebenszeit immer länger dauert?
Schule wird überschätzt. Es geht um die Qualität des Lernens.
Überzeugung
"Freies
Fragen wird verhindert werden, solange es Ziel der Erziehung ist, Überzeugung statt Denken hervorzubringen."
Bertrand Russel
Übort
Schule wird zum Übort des selbst-konstruierten
Lernens der kindlichen Lernenden.
Schule kann der Übort neuer gesellschaftlicher Lösungen werden.
Umgang
Frage die Kinder wie sich den Umgang von Erwachsenen mit Kindern vorstellen.
Umgekehrt
Wie kommt es, dass immer die, die „normal“
arbeiten, die, die offener arbeiten fragen, ob das überhaupt klappt, was sie offen tun. Es sollte umgekehrt sein!
Umstände
„Alles, was die
Menschen in Bewegung setzt, muss durch ihren Kopf hindurch; aber welche Gestalt es in diesem Kopf annimmt, hängt sehr von den Umständen ab.“
Friedrich Engels/Karl Marx
Unbildung
Du musst alle mitnehmen, auch die armen und ungebildeten Familien.
„Alter Wein in neuen Schläuchen“ - Wissenschaft und Schule produzieren immer neue Modelle um ihre nicht funktionierende Wirklichkeit dem Diktat ihrer Theorie anzupassen: „Situatives Lernen dient dem „Catch“ des Lerners. Es folgt das „Hold“ des Interesses, um dann in „Integration“ und „Identifikation“ überzugehen“ (Krapp, Geyer, Lewalter, deutsche „Wissenschaftler“ 2014). Solche Schulen und Fachinhalte bewegen sich so keinen Millimeter auf die Lerner zu!
„Wer ein Kind ständig mit Kursen füttert, gibt ihm das Signal: Du bist dazu da, unsere
Erwartungen zu erfüllen“. Damit demütigen Sie das Kind.“
Remo Largo, Schweizer
Arzt
Undemokratisch
Falko Peschel nennt das Schulsystem „eines der undemokratischsten Systeme in der Demokratie, in der wir leben“.
Ungehorsam
„…nicht Gehorsam, Pflichterfüllung, In-Den-Dienst-Treten, sondern Verweigerung, Lob des Unangepassten, des zivilen Ungehorsams.“
Uwe Timm, deutscher Schriftsteller, über Heinrich Bölls Beitrag zum Wandel der deutschen Mentalität
Unklug
Wie im Fall der Schule wählt die Gesellschaft nicht ihre beste oder klügste
Lösung.
Systemisches Wissen
Unklar
„Jedes Kind lernt
gerne. Jedes Kind lernt mit Begeisterung. Jedes Kind will nachmachen, nachahmen. Jedes Kind lernt das, was es braucht zum Leben, völlig freiwillig: essen, trinken, spielen, Hütten bauen,
Schneemänner machen. Es lernt freiwillig und mit Begeisterung, bis es in die Schule kommt, dann ist es aus. Dann braucht das Kind von einem Tag auf den anderen Selektionszwang, Notenzwang,
Hausaufgabenzwang. Ohne diesen Zwang wäre es zu faul zum Lernen.“
Hans. A. Pestalozzi, Schweizer
Pädagoge
Unmenschlich
Weißt du, warum du Tiere nicht in eine
Schulbank zwingen kannst? Weil es unmenschlich ist.
Unmögliches
„Geht nicht –
Gibt‘s nicht!“
Falko Peschel
Unterdrückten
Die Unterdrückten der Vergangenheit waren nicht die landbesitzenden Bauern, sondern "ihre" Ackerer und Tagelöhner. Bürger waren nicht die Handeltreibenden, sondern die Arbeiter, also auch Frauen und Kinder, in Gruben und Häfen. Die Adligen hielten sich ihre Ritter, Vögte, Handwerker, Diener, Knechte und Mägde.
Unterdrückung
„Erziehung
kann niemals neutral sein. Entweder sie ist ein Instrument zur Befreiung des Menschen, oder sie ist ein Instrument seiner Domestizierung, seiner Abrichtung für die
Unterdrückung.“
Paolo Freire, brasilianischer Pädagoge
Untere Mittelschicht
„Ich muss morgen doch arbeiten und kann auf den Verdienst in den Stunden nicht verzichten“
Studentin 2018
Untergebener
Schon als Kind kein Untergebener
sein.
Früher hatte Bildung das Ziel in deinem Leben eine gute
Unterhaltung führen zu können. Heute führt dich Unterhaltung durch ein gutes Leben. Bildung wird zum Ziel.
Unterkriegen
„Lass dich
nicht unterkriegen. Sei frech und wild und wunderbar“
Pippi Langstumpf, Astrid
Lindgren
Unterricht
Unterricht ist die Garantie der Fortsetzung des
staatlichen Monopols auf Bildung und (!) immer noch die Garantie des Rechts auf Bildung für alle?
„Und wen erstaunt es, dass also die Unzufriedenheit ausbricht? Die junge Generation
beginnt den Betrug wahrzunehmen. … zu Unlust, zur Heuchelei, zu Kriegen, Napalm, Flächenbombardierung, zu einer folternden Polizei, zum Völkermord, zu Wahnsinn, zu Verzweiflung. Und ferner zu
Schlagworten, zum Einschläfern, zum Betrug durch Reklame, zu einer gewissenlosen Vergiftung von Körper und Geist. Nach alledem besteht die Forderung nach einem ganz anderen Unterricht zu
Recht.“
Friedrich Weinreb, jüdisch-chassidischer Schriftsteller 1910 – 1988
Es ist nicht ein „guter Unterricht“. Es ist das eigene Lernen. “Schlägt sich Unterrichtsausfall in irgendeiner Form in der Leistung nieder?“ (Kölner Stadtanzeiger 26.2.2015) – „Unterrichtsausfall spielt überhaupt keine Rolle.“ (Markus-Studie der Uni Landau 2014)
Einige Erwachsene kannten kein Vertrauen zu ihren Kindern und forderten die Rückkehr zu „bewährten Unterrichtsmethoden“.
Unterrichten
Unterrichtet so, dass alle mit kommen. Hört also auf mit dem Unterrichten.
Hört auf zu unterrichten!
„Ich unterrichte meine Schüler nie; ich versuche nur, Bedingungen zu schaffen, unter
denen sie lernen können.“
Albert Einstein
Das Unterrichten ist die Geißel unseres Bildungssystems. Wir glauben Menschen etwas „beibringen“ zu müssen, anstatt sie zum Lernen anzuregen.
Im Laufe meines Lernens spürte ich erst, dass ich belehrt wurde. Dann bekam ich mit, dass sie mich unter-richteten. Heute weiß ich, dass Menschen selber lernen können.
Unterrichtsabschaffung
Wenn Freinet einst sagte
„Schafft die Schulbücher ab! “ So müssen wir heute sagen: „Schafft das Unterrichten ab“! Das gewöhnliche Unterrichten ist die konsequente Fortführung des gleicschrittigen Eintrichterns von
Lernstoff.
„Der Unterricht tötet unsere Fähigkeit, uns zu wundern. Nur ein Genie kann davon unverdorben bleiben.“
Unterschätzen
Unterschätze niemals andere Menschen. Alle (!) sind schlauer als du.
Unterschicht
„Aber gibt
zweierlei Pack: das oben, kaum am Leben, plärrend schon, doch verdörrt und verdustert. Leer wie ein ausgetrunkener Weinschlauch. Und dann das andere, das von unten dreckig gewiss, aber wie
offenherzig, aber auch lauernd; will zugreifen. Trockenes Pack; wie euch die Kugeln um die Ohren pfeifen werden.“
Ernst Bloch
Auch Unterschichten haben das Recht Schule zu Bedingungen der Oberschichtenkinder zu erleben, während Mittelschichteneltern gerne für „ihre“ Schule nur für Mittelschichtenkinder eintreten.
Unterschichtler wollen eine höhere Bildung, die sie selten erreichen, weil ihre Eltern ihnen nicht helfen können.
Unterschichtler lehnen sich nicht erfolgreich auf, wenn es ihnen schlecht geht. Sie suchen Bildung, damit es ihnen auch gut geht.
„Freinet stammte aus einer unterprivilegierten Klasse. Das Unrecht, das diese Klasse
erleiden musste, hatte ihn dazu gebracht, die Fragen von Schule, Erziehung und Unterricht neu zu über-denken“
Paul le Bohec
Unterschichten
Krisen wie die Coronapandemie
machen deutlich, dass die Mittelscichten die Schule und ihr Lernen weniger brauchen, als die Unterschichten.
Unterschied
„Es ging um
die Fragen, „Wie halte ich, persönlich, als Lehrer*in den Alltag in einer Schule aus?“ Kinder bekamen leider dafür nie eine eigene Ausbildung wie man zum Schüler
wird.“
Ben Schreiner
Menschen sind "Kinder", "Pubertierende", "Erwachsene", "Alte". In der Pubertät sind sie normal.
Untertan
2018 - Und dann sitzen die alten Leute da, in der eigenen Schulzeit der 50iger bis 80iger Jahre konditioniert, gezwungen, erzogen
zum Stillsitzen und Schweigen, zum Gehorchen und Funktionieren, vollgepfropft mit unnötigem Wissen, selber wieder erziehend, erschrocken über sich selbst lachend, geschockt von Generationen, die
sich anders verhalten, die andere Wege gehen wollen. Doch endlich dürfen sie wieder erziehen, wie die Mehrzahl der Lehrer*innen bis Kräfte
herrschen.