Walter Hövel
Kinder XVIII
Verändern – Verhalten - Verstehen – Verteidigen – Vertauen
Verändern
„Ohne das Kind, das ihm hilft, sich ständig zu erneuern, würde der Mensch
degenerieren.“
Maria Montessori
„Wir vergessen, wie radikal sich das Leben der Kinder im Laufe der letzten zwanzig bis
dreißig Jahre verändert hat.“
Jesper Juul 2000
Kinder werden die Welt verändern, weil Erwachsene es nicht schaffen.
„Wir sind Schüler von heute*, die durch Lehrer von gestern in einem System von
vorgestern auf die Probleme von übermorgen vorbereitet werden sollen. Die Schule hat keine Veränderungs-tradition. Sie hat keine Übung darin, mit Wandel umzugehen. Das vertraute Elend ist häufig
näher, als das unvertraute Glück.“
Wilfried Schley, *2001
Kräfte der Vielfalt, die die Welt verändern werden: 10% Nonkonformisten, 10% Menschen mit hoher IT-Affinität,
8% lebenslustige Underdogs, 11% junge technik- und familienorientierte Menschen, 13% liberale und intellektuelle Bildungselite, 11% bürgerliche Mitte und 7% des neuen prekären Milieus. Dagegen
stehen staatskonforme und traditionelle Arbeiter-Kulturen.
(Entnommen VHS-Migrantenmillieu-Survey
2018)
Verbrechen
"Vielleicht besteht das grösste Verbrechen unserer Schule darin, dass sie den vitalen Fluss der kindlichen Fragen abblockt, um ungestört ihre kanalisierenden Scheinfragen stellen zu können."
Paul Michael Meyer
Bestraft unsere Gesellschaft nur unter ihrem Durchschnitt liegende Intelligenz?
Vererbung
Bildung wird vererbt, nicht über Gene, sondern
über Familien und die Gesellschaft.
Verfassung
Die
Verfassung der Bundesrepublik ist eine der fortschrittlichsen. Erst 1949 verabschiedet, umfasst sie die
Menschenrechte.
Vergnügen
Wir erkennen das Recht der Kinder auf Vergnügen an, das
schon immer von Schule verdrängt wurde. Das Recht auf Vergnügen wird von jenen als etwas Ungeheuerliches angesehen, die die Menschen von Kindheit an auf die Entfremdung einer von ‚oben‘
auferlegten Arbeit vorbereiten. Leben sollen sie erst in Konsum, Medien und Freizeit erfahren. Die Bestrebungen der Kinder aus eigenem Antrieb zu lernen, werden von uns nicht durch willkürlichen
Zwang zu fremdbestimmten Zielen umgeleitet. Wir akzeptieren den Wunsch, aus eigenem Interesse ein freigewähltes Ziel zu erreichen. Dieser Weg wird nicht ohne Mühe und Enttäuschung sein. Aber die
Erfahrung der eigenen Leistungsfähigkeit garantiert Vergnügen. Für uns gibt es keine andere Formung des Willens als die Erziehung zu freien Menschen durch die Übernahme von
Verantwortung.
Freinetpädagogik
Verhalten
Je mehr Verhaltensauffälligkeiten du bei Menschen entdeckst, je weniger „Verhaltensauffällige“
gibt es.
Mit der systemischen Frage kommst du weiter: „Was hat das Kind davon, dass es sich so verhält, wie es sich
verhält?“
Verhindern
„Verhinderung“ ist eine Strategie der Lehrberufe: „Jetzt nicht!“, „Das gehört hier nicht hin!“, „So ist das falsch!“, „Das ist zu gefährlich!“, „Ich habe jetzt keine Zeit!“, „Das kommt
später!“, „Das schaffst du nicht“!“, „Das geht nicht!“, „Alles zu seiner Zeit!“, „Damit können wir jetzt nichts anfangen!“, „Das passt nicht zum Thema!“, „Du hast schon komische Gedanken!“, „Das
ist irrelevant“, …
Verschulung
Schule neigt immer dazu zu verschulen. Verstärke die Entwicklung der Strukturen der Freiheit des Lernens und schwäche die
schulischen Strukturen.
"Wir brauchen neue Verschwörungstheorien. Die alten wurden leider
wahr."
Unbekannter Autor
Verstehen
Bleibst du noch, um zu fragen 'Wieso'?
Es reicht nicht, dass Lehrer*innen wissen, wie sie mir etwas erklären. Vielmehr sollten sie lernen, wie ich etwas
verstehe.
„Verstehen heißt Wiedererfinden“
Jean Piaget
„I laughed at the teachers who taught in my school. They don't understand me, but they never will.“
Paul
McCartney
„Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, dass wir sie verstehen können.
Albert Einstein
Ein einziges Kind verstehen, ist mehr wert als jede Wissenschaft.
Wer seinen Lebtag von einigen als komischer Vogel gesehen wird, versteht vielleicht sich selbst nicht, aber viele
Kinder.
Verteidigen
Nicht immer sich selbst verteidigen, sondern menschenrechtlich begründen und gemeinsam
fordern.
Verteidigung
„Deutschland wird
nicht am Hindukusch verteidigt Deutschland wird in der Hauptschule verteidigt, in der Grundschule, den Kindergärten, der Gesamtschule und
Realschule“
Volker
Pispers, https://www.youtube.com/watch?v=Y7ww9p2MQVg
Wir Menschen werden nur überleben, wenn wir der Selbstständigkeit unserer Kinder vertrauen.
Lernt euren Kindern zu
vertrauen, sich selbst, den Menschenrechten und der Demokratie. Die Wege dahin sind Erfahrungen und Fragen.
Erst wenn wir gelernt haben unserem Kind nicht vorzuschreiben was, wann, wie und mit wem es lernt, werden wir so viel Demokratie gelernt haben, dass wir jedem Kind trauen können.
„Die gelebte Erfahrung gräbt sich in den
Körper, die Muskeln und das Verhalten ein, wird tief und unauslöschlich.“
Célestin
Freinet
Dem Kind trauen so zu werden wie es ist, wo andere wollen, dass das Kind so wird wie sie selbst wurden.
Es nützt nichts Kinder zu lieben, wenn du ihnen nicht traust. Trauen lernst
du, wenn du weißt wie das Kind - und du selbst – lernt.
Wir trauen anderen nicht und trauen ihnen zugleich, weil wir die Gemeinschaft brauchen. Ist das auch umgekehrt so? Tun
Kinder das, oder lernen sie es von uns Erwachsenen?
„Wir erlauben den Kindern nicht sich zu organisieren, wir missachten sie, vertrauen ihnen nicht, sind unwillig und nachlässig.“
Janusz Korcak
Vertrauen durch Selbstvertrauen
Menschliche Freiheit
braucht die Selbstbestimmung des Lernens, selbst wenn sie Umwege geht.
Fremdbestimmung nutzt auch dann nichts, wenn die Leitbilder Demokratie, Heterogenität und Inklusion sind. Menschen können nur erst sich selber trauen.
An der Grundschule Harmonie haben Kinder gelernt sich selbst zu vertrauen. Das konnte nicht weiter existieren, als das System schutzlos wurde.
Vertrauen und Misstrauen
Viele Schulleitungen wissen, sie
sind „ein Amt“. Wenn sie sich auch so benehmen, gewinnen die Menschen kein Vertrauen.
„Meine Herren, es ist nun an Ihnen zu beweisen, dass Sie unser Vertrauen verdient
haben.“
Patrice Lumumba, kongolesischer Politiker, 1961 ermordet von den USA
Erst wussten wir, dass wir unseren Eltern nicht trauen konnten. Sie waren fast alle Nazis. Die nächste Generation wuchs mit Eltern auf, die ihren Kindern kein Vertrauen mehr lehren konnten. Nun sind diese Kinder die Eltern der heutigen Kinder. Wir sagen diesen Erwachsenen, dass sie ihren Kindern trauen sollen.
Verwalten
Nicht verwalten, sondern entwickeln.
„Nicht die großen Denker wie die Humboldts, Goethe oder Schleiermacher machten vor 150
Jahren unsere Schulen so wie sie heute sind, sondern der preußische Staatssekretär Hannes Schulz in über dreißig Jahren Verwaltungsarbeit, mit Erlassen und Verfügungen.“
Wolfgang Klafki, führender deutscher Pädagoge
1976
Visionen
Gegen pädagogische Visionen stehen immer wieder gesellschaftliche Divisionen.
Volksschullehrer*innen
„Bis 1918 war die Lehrerausbildung der
Gymnasiallehrer an Universitäten und der Volksschullehrer an Lehrerseminaren vollkommen verschieden“
Wikipedia
Noch heute werden Lehrkräfte für Kindergärten, Grundschulen, getrennte (!) Schulen für 11 bis
16/17jährige, für Sonder- und Förderpädagogik (!), Oberstufen, Berufsschulen und Hochschulen verschieden an fast immer getrennten Orten
ausgebildet.
Vorurteil
„Wir kennen das Kind nicht, schlimmer noch: wir kennen es aus Vorurteilen.“
Janusz Korczak