Jenny Siewert
Philosophieren mit Kindern
Über Gefühle
Am Montag, Ende 2020, versammelten wir uns in der Turnhalle, legten Matten aus und ich gab den Kindern zwei von mir gebastelte „Gesichter“,welche durch Bewegung den Mund änderten. Zusammen sprachen wir darüber, wie die Gesichter aussehen und kamen so zur Ankündigung vom Thema „vom Gefühl zum eigenen Gefühl“.
Wir philosophierten über die Frage „Was sind Gefühle?“.Im Anschluss präsentierte ich das Buch „Heute bin ich“, indem wir dann zusammen die 20 von Mies van Hout illustrierten Gefühle betrachteten und über diese sprachen.
Kindersätze:
„Gefühle ist, wenn man etwas Gutes fühlt oder etwas Falsches und dann sagt, das ist etwas Gutes und das ist etwas Falsches.“
„Fühlen ist, dass man glücklich ist. Ich hab einmal ganz alleine Fahrrad gefahren gemacht und dann bin ich glücklich geworden.“
„Gefühl ist, wenn man schläft und dann schlecht träumt und wenn man aufwacht denkt man darüber nach, dann ist das ein komisches Gefühl.“
„Gefühle sind für den Körper.“
„Meine Strumpfhose ist ganz bunt, jetzt fühle ich mich farbenfroh.“
Am Dienstag philosophierten wir über die Frage „Wieso haben wir Gefühle?“.
Kindersätze:
„Gefühle braucht man, weil man dann Mama oder Papa oder den Erziehern sagen kann, das irgendwas ist.“
„Wenn man glücklich ist, kann man alles machen.“
„Wenn man traurig ist, kann man gar nichts schaffen alleine.“
„Wenn man traurig ist, kann man nicht spielen.“
„Wenn man verliebt ist, ist das toll, weil man Schmetterlinge im Bauch hat.“
„Man kann Gefühle sehen, damit man Papa oder Mama anrufen kann.“
Am Donnerstag starteten wir mit einem kleinen Spiel „Standbild“. Zusammen mit den Kindern haben wir uns eine Situation ausgedacht. Dann bildeten wir zwei Teams: die Beobachter und die Spieler. Die Spieler nahmen die Rollen in der zuvor ausgedachten Situation ein und erstarrten, sobald „Stopp“ gerufen wurde.
Als nächstes treten die Beobachter hinter die Spieler und teilten mit, was diese ihrer Meinung nach fühlen. Im zweiten Durchgang tauschten die Kinder die Rollen und die Situation. Nach dem Spiel versammelten wir uns wieder im Kreis und philosophierten über die Fragen „Woran sieht man Gefühle?“ und „Wie spürt man Gefühle?“.
Kindersätze:
„Gefühle sieht man am Gesicht.“
„Wer eifersüchtig ist, ist auch traurig.“
„Gefühle hat man im Bauch oder im Kopf.“
„Gefühl ist, wenn man irgendwas im Bauch fühlt.
Am Freitag machten wir einen kleinen Exkurs und philosophierten über das „Ich“.
Hier sprachen wir über Fragen wie
„Was ist das Ich?“,
„Was macht mich zu dem, der ich bin?“,
„Ist es gut, genauso zu sein wie die anderen?“,
„Warum sind nicht alle Menschen gleich?“
und
„Kann ich meinen Körper bestimmen?“.
Zum Schluss hat sich jedes Kind selbst ein Gefühl ausgesucht und dieses nach eigenen Überlegungen illustriert. Die Bilder der Kinder, sowie einige ihrer Zitate, sind im „Bauraum“ der Gruppe ausgestellt.
Ängstlich - glücklich- verblüfft - böse - zornig - traurig - verliebt - verwirrt.
Kindersätze:
„Du bist ja du, weil ich bin ja ich.“
„Wenn alle Menschen gleich sind wie der Uwe, dann sind ja alle böse.“
„Wir dürfen nicht über die anderen Kinder bestimmen, nur über uns selbst.“
„Wenn andere bestimmen was ich spielen soll, dann ist das blöd, weil das keinen Spaß macht.“
„Kinder möchten nicht, dass die anderen über die bestimmen.“
ZUSAMMENFASSUNG WESENTLICHER KONZEPTIONELLER ASPEKTE UND REFLEXION
Das Philosophieren mit Kindern stellte eine große Herausforderung für mich dar. Die Position der Gesprächsführerin, in der ich versuchte Reflexionen, Kritik und Hinterfragungen zu erzeugen, benötigt viel Übung. Ich hatte oft das Gefühlt, dass die Kinder Antworten gaben, die ich ihres Erachtens hören wollte.
Immer wieder versuchte ich den Kindern mitzuteilen, dass es beim Philosophieren nicht um richtige oder falsche Antworten, sondern um eigene Ideen und Meinungen, sowie eigene Fragen geht.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich dies in der kurzen Zeit vermitteln konnte. Kinder haben eine eigene Art sich mitzuteilen und diese gilt zu lernen, wenn man mit Kindern philosophieren möchte. Die häufigste von mir wahrgenommene Art, in der die Kinder sprachen, war das Erzählen von bestimmten Situationen, an die sie durch verschiedenste Worte erinnert wurden.
Den Satz leiteten sie zumeist mit „Schon mal, ...“ ein. Ich denke, dass das Philosophieren mit Kindern als ein regelmäßig stattfindendes Angebot geeigneter wäre, als in einer Projektwoche. Auch das Festlegen der Thematik halte ich im Nachhinein als nicht besonders förderlich. Ich hatte während des Philosophierens oft das Gefühl, dass ich zu sehr auf bestimmte Dinge hinaus wollte, was eher dem Lehren,als dem Philosophieren gleicht.
Um den Kindern das problemorientierte, dialogische und reflektierte Um-gehen mit Fragen, Problemen, Meinungen und Verhaltensweisen nahezulegen, würde ich in Zukunft im Vorfeld mit den Kindern über die Thematiken sprechen und sie selbst entscheiden lassen, welche Themen für sie relevant sind.
Was für mich in der Projektwoche von großer Freude war, war zu sehen,dass nach und nach auch die Kinder zu Wort kamen, die anfangs sehr still waren. Ich denke, dass das Philosophieren mit Kindern gemeinschaftsfördernd war und es dazu beitrug, dass sich schüchterne Kinder trauten zu sprechen, ihre Geschichten erzählten und Meinungen sagten.
Die abwechslungsreiche Gestaltung,sowie das Einbringen von Spielen und dem Buch, gab den Kindern die Möglichkeit, sich eigene Gedanken rund um das Thema „Gefühle“ zu bilden. Die abschließende künstlerische Ausarbeitung brachte den Kindern viel Freude und Spaß. Ich denke, dass das eigenständige Wählen eines Gefühls,sowie die freie Interpretationsmöglichkeit den Kindern die Chance gab, sich selbst auszudrücken.