Walter Hövel
Ein Kind wird geschlagen
Zumindest 12 Punkte im Problemfall beachten
Schlagen ist nicht nur kein Mittel der Erziehung, sondern es ist grundsätzlich gesetzlich nicht erlaubt. Es ist das Gegenteil von professionellem Verhalten. Erzieher*innen oder Lehrpersonen, die solches tun, sind selbst in größter Not und dürfen nicht Gewalt oder Zwang ausübend mit Kindern oder anderen Menschen arbeiten. Das ist leider immer noch keine Selbstverständlichkeit. Es bedarf der engagierten Menschen, um Gewalt nicht wieder zum Mittel der Erziehung werden zu lassen und insbesondere Kinder vor Gewalttätern zu schützen.
Du bekommst mit, dass ein Kind, vielleicht dein eigenes, von einer Erzieher*in oder einer Lehrer*in geschlagen wurde.
Was machst du?
1. Überlege, was du willst.
2. Überlege nochmals was du willst. Rede mit dem Kind.
3. Lass das Schlagen von einer Ärztin oder einem Arzt festhalten.
4. Nimm dir eine Anwältin oder einen Anwalt. Kennst du einen im Verwandten- oder Bekanntenkreis, oder kennst du jemanden, der einen kennt?
5. Lasse dich von engagierten Spezialisten beraten. Sie können bei der Polizei sein, in Kindergarten, Schule oder Hochschule, bei „Zartbitter“, in einem Inklusionsarbeitskreis, in einer Verwaltung, etc.
6. Kennst du die allgemein gültigen Gesetze? Du musst „im Recht“ sein.
7. Kennst du die Regeln der anderen? (Du musst sie kennen, damit du weißt, wie was abläuft.)
8. Kannst du die Erfolgsaussichten deines Handelns einschätzen?
9. Kannst du verlieren?
10. Kontaktiere die Vorgesetzten des Täters. Suche Verfechter eurer Sache. Suche Unterstützung. Sage was du willst! Du hast das Recht auf deiner Seite: Kinder dürfen nicht geschlagen werden.
11. Wenn du nur Gegner hast, ist „das Gewinnen“ sehr schwer. Aber schweige nicht.
12. Hättest du die demokratische Öffentlichkeit und Medien auf deiner Seite?
Kinder reagieren gerne zugunsten der erwachsenen Täter. Sie wollen kooperieren, auch erwachsen werden. Sie suchen Vorbilder, manchmal auch falsche oder wenden sich enttäuscht ab. Sie sehen gerne mehr oder andere Zusammenhänge als Erwachsene. Du kannst sie verstärken, begleiten. Sie haben nicht nur das Recht Nein zu sagen, sondern auch sich zu schützen.
Sie sind oft ungeschützt und verletzbar. Nicht geahnte Gewalt überrascht. Sie macht Angst. Junge (und ältere) Menschen verdrängen, wollen ausgleichen. Sie suchen die Fehler zuerst bei sich selbst, im eigenen Verhalten. Sie vermuten etwas falsch gemacht zu haben. Sie sind einschüchterbar. Kinder wollen niemanden belasten, von den eigenen Eltern bis zu den Lehrern.
Sie fürchten oft das Nichtverstehen durch „Freunde“ oder Klassen“kameraden“. Sie wollen nicht als „Motzer“ oder „Nestbeschmutzer“ ausgeschlossen werden. Sie fürchten Nachteile.
Sie fühlen sich zu schwach, um gegen ein ganzes System anzukommen. Sie können sich auch - ungeübt im Wehren - zu stark fühlen. Helft euch gegenseitig bei einer realistischen Sicht eurer Menschenrechte.
Es nutzt nicht als Erwachsener vorneweg zu gehen und dem Kind vorzumachen „wie man sich wehrt“. Jeden Schritt musst du mit dem Kind gehen, durchaus als Vorbild. Gut begleitet gehen sie ihren Weg! Achte darauf, dass es ihr Weg bleibt. Geht gemeinsam.
Die Kommunikation mit jedem Kind sollte einfühlsam, selbstbewusst und als Chance der Verständigung gesehen werden. Die Kommunikation mit der Außenwelt kann einfühlsam, selbstbewusst und zielstrebig zum Durchsetzen von Selbstverständlichkeiten genutzt werden.
Lass dich nicht zur Kumpanei mit anderen Erwachsenen verleiten. Achte aber darauf, wie viel „drin“ ist. Manchmal ist es schon ein Erfolg, wenn sich Dinge nicht mehr wiederholen, weil „man“ weiß, dass andere aufpassen. Erkenne Gegner und Freunde. Es sind oft mehr als du ahntest.
Es gibt immer einen Weg sein Recht zu finden. Es geht nicht darum andere zu bestrafen oder um jeden Preis Recht zu bekommen. Jeder Mensch hat aber ein Recht auf seine Würde, auf sein Menschenrecht. Findet den Weg dahin mit Klugheit und Selbstbewusstsein.