Walter Hövel

Erster, Zweiter oder Dritter, … oder?

 

Gerne denke ich darüber nach, wie es in meinem Leben war. Bin ich Gewinnertyp oder ein Looser? (Wer will letzteres schon sein?) Oder wußte ich immer, was ich kann und was nicht. Manchmal war ich erster, mal zweiter. Ich war nie letzter. War ich das?

 

Das früheste, an das ich mich erinnere waren die Klassensprecherwahlen und meine Zeit als Pfadfinder.

Ich wollte immer Klassensprecher, von der "Mehrheit" gewählt, sein. Einmal wurde ich stellver-tretender Klassensprecher. Ich glaube, ich war ziemlich stolz. Ich war Mitglied der SMV meines Gymnasiums.

 

Ich war Europapfadfinder in einer "Sippe der Biber" in Köln. Wir trafen uns im Bayenturm, den später jahrzehntelang Alice Schwarzer mietete. Nach zwei oder drei Jahren brachte mich mein häufigstes Mitbringen Neuer zur Gründung einer eigenen Sippe, bald zwei, in Frechen. Das dauerte wiederum über zwei Jahre. Damals wurde ich Erster durch meine eigene Kraft. Aber das begriff ich noch nicht.

 

Ich wollte immer Messdiener werden, wurde es aber nie (Das nie von mir getragene Messbuch kam mir zu schwer vor). Erst eine Freundin brachte mich zum Kirchenbesuch. Meine Eltern waren strikt anti-religiös. Nur als Junge ging ich brav mit zur Kommunion. Später, in Eitorf wurde ich zweimal Vorsitzender des Pfarrgemeinderates. Heute bin ich schon lange nicht mehr Mitglied der Kirche.

 

Ich wurde knapp in die Fußballmannschaft meiner Klasse gewählt. Ich spielte auch im Winter bei Schnee barfuß. Im Hallenhandball stand ich im Tor. Es tat weh, vor allem, wenn sie (absichtlich) die Genetalien trafen, aber ich hatte gute Reflexe. Ich war sportlich nie gut, immer nur mittelmäßig bis schlecht. Das einzige was ich konnte war lange laufen, weit werfen und schnell reagieren.

 

An der Hochschule wurde ich AStA-Vorsitzender nach Volker Adam und Holger Brinkmann. Später wurde ich von Volker Adam aus dem SHB ausgeschlossen als ich beim vds (Verband Deutscher Studentenschaften) - Vorstand und zum Bundesvorstand des SHBs gehandelt wurde. Ich ließ mich ausschließen. Dann wurde ich als Mitglied des Spartakus wieder AStA-Vorsitzender der PH Rheinland.

 

Ich wurde als Mitglied der Abteilungskonferenz von den Studies direkt gewählt. In der SDAJ gewannen wir den ersten Platz im Freizeitheft und die Teilnahme an den Weltjugendfestspielen in Kuba.

 

Als Referendar wurde ich zum zweiten Sprecher nach Eva Schuhmacher gewählt. Der Chef der Ausbildung sagte Michael Fuxen sagte einmal, dass sie besser als Lehrerin war, ich aber intelligenter.

 

Ich wurde an meiner ersten Schule zum stellvertretenden Verbindungslehrer gewählt, dann über 30 Jahre zum ersten und an der Grundschule Harmonie zum „Kidsmanager“.

 

In der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft war ich zweiter Vorsitzender meiner Fachgruppe, Mitglied einer Kommission zur Erstellung von Richtlinien in Englisch für die Hauptschule und Mitglied des Hauptpersonalrats in Düsseldorf. Über viele Jahre hatte ich hier eine eigene Fortbildung.

 

Ich war im Vorstand der bundesweiten Freinetbewegung und mit dem besten Ergebnis im internationalen Vorstand. Ich war zweimal für je zwei Jahre in der Zeitungsredaktion und machte im Team die „Fragen und Versuche“. Ich wurde über 20 Jahre erfolgreicher Schulleiter und dreimal Konrektor. Ich machte Bücher, Karteien, Unterrichtsmaterialien und schrieb tausende von Seiten. Im Rhein-Sieg-Kreis wurde ich Bildungs-verantwortlicher.

 

Ich bekam seit 1992 meine Lehraufträge an den Unis in Köln, in Siegen, Kassel, Bremen, in Oldenburg und der PH Heidelberg. International bekam ich sie in Klagenfurt, Linz, Wien, Riga, Zagreb und Worchester. Ich hielt sehr viele Vorträge und Seminare und arbeitete mit ungefähr 10.000 Hospitant*innen an „meiner“ Schule. Ich hatte mit der Schule und privat bekannte Homepages. Ich sorge - in Grenzen - für mich.

 

Ich wurde immer von Menschen gewählt, die eine starke Vertretung für sich wünschten. Je rechter sie waren, umso weniger wählten mich. Zum Verändern war ich immer gut, und zum Aufrechterhalten. Gib mir eine Chance mit den Menschen zu reden und sie hören zu. Je jünger sie sind, um so eher verstehe ich sie. Ich brauchte immer Freunde (und ich hatte viele von ihnen), die an mich glaubten. Mir fehlte es immer an Ehrgeiz, obwohl ich gerne vorgeschlagen wurde. Ich war immer sehr empfindlich. Ich gucke immer was geschieht. Erreichtes wird mir schnell langweilig. Ich kann mich eine Zeitlang anpassen, bin aber kein Mitläufer. Ich höre und mache gerne, was andere sagen, aber nur bei wenigen. Ich halte mich selber für relativ unwichtig.

 

Vielleicht bin ich nur ein durchschnittlicher Lehrer oder Pädagoge, ein durchschnittlicher Lerner, ein durchschnittlicher Maler oder Künstler, ein durchschnittlicher Sänger, ... ein durch und durch durchschnittlicher Mensch. Vielleicht kenne ich zwar Angst, bin aber so naiv, dass ich erst nachher merke, was ich tat. Und dann lernte ich zu dem zu stehen, was ich sagte, - weil es einfacher ist.

 

Vielleicht lernte ich auch nur "Mama immer zu erzählen", was mir im Alltag gelang. Und das habe ich beibehalten.