Walter Hövel
Unser Leben in der Großfamilie
Eine Widerspiegelung unserer sozialen Lage
Erst überlebten Menschen in ihrer Sippe, ihrer Horde. Arbeit war noch nicht fremdbestimmt. Frauen, Männer und Kinder arbeiteten für sich und in der Gemeinschaft. Die Arbeit wurde dann von anderen Menschen „gekauft“. Unterschiede zwischen reich und arm entstanden.
Danach waren sie Mitglieder in ihrem Stamm oder ihrer Sklaven-Gemeinschaft. Verwaltungen und Polizei entstanden. Dann lebten sie in ihrem Dorf als Mitglieder ihres Bauernhofes. Da gab es den Herren, seine Frau(en), seine Schwestern, Brüder, Großeltern, seine Töchter, Söhne, Mägde, Knechte und Leibeigene, und darüber Herrschende und ihre Soldaten. Es entstand die Großfamilie.
Ging es ihnen ernährungsmäßig gut, entwickelte sich eine friedliche matriarchalische Gesellschaftsordnung. Söhne und Töchter lebten bei der Mutter, Kinder wurden von ihnen allen in der Familie der Mutter aufgezogen.
Mussten die Menschen wegen Nahrungsknappheit wandern, entwickelten sich die denkenden Wesen aggressiv und patriarchal.
Alle Gesellschaften besitzen beide Elemente.
Das Bürgertum wurde größer und reicher. Es entwickelte das Ideal der Kleinfamilie. Die "normale" proletarische Familie kannte den arbeitenden Vater und „seine“ arbeitenden Kinder. In der Ein- oder Zweizimmer-Mini-Wohnung lebte er mit einer oft auch berufstätigen Frau, die wenn es ging, an die 10 oder mehr Kinder gebar, er- und aufzog.
Heute lebt die Mehrzahl der Menschen in der Kleinfamilie mit 1,7 Kindern. Die Zahlen der Scheidungen, der Zweit- oder Drittehe steigen. Eine Ehe dauert heute nicht ein Leben lang, sondern im Schnitt weniger als 15 Jahre.
Menschen wohnen in Wohn- oder Generationengemeinschaften. Immer mehr Menschen leben einzeln, heute "Singles" genannt. Die Zahl der gleichgeschlechtlichen Ehen steigt.
Mehr und mehr übernimmt (oder behält) der Staat in Kindertagesstätten und Schulen die Erziehung, Ausbildung und Bildung, Vor allem die Erziehung gehörte zu den früheren Aufgaben der Familie.
Die menschliche Gesellschaft hat die Tendenz zur Wiedererlangung der Macht in den Händen von Familien und ihren Herren, bis sich nach Kriegen, Katastrophen und Revolutionen neue Machtverhältnisse ergeben.
Je besser es den Menschen geht, je mehr sie zu essen haben, steigt nicht nur ihre Gesamtzahl in die Mehrfachmilliardenzahl, es sinkt auch die Zahl der - und vor allem in den - Lebensgemeinschaften.
Die Familie nähert sich der Zahl 3, 2 und 1. Die „klassische“ Familie wird weniger. Die Menschen werden mehr und mehr zu Individuen.
Nähern wir uns der Zahl O, unserem Aussterben oder werden wir nicht mehr die Probleme der familiären Abhängigkeiten haben.
Werden wir immer egalisierter und dadurch immer direkt abhängiger von Menschen mit Macht? Verkauften wir erst unserer Leben, dann unsere Arbeitskraft, unsere Zeit, unsere Arbeit und dann wieder uns?
Wird unsere Macht über uns selbst struktureller oder maschineller oder elektronischer?
Verändert sich die "Politik" so, dass immer weiblichere und dann jüngere Menschen sie bestimmen? Geht die Tendenz zur Selbstbestimmung?
Werden wir Schritt für Schritt alle unsere beherrschenden Beziehungen los oder „ändern“ sich nur die Verhältnisse?
Wir erproben Neues und wiedererfinden Altes, bis unsere Eigenausbeutungen und Ideologien immer wieder zur Produktionsweise unserer herrschenden Familien passen.