Walter Hövel
Rezension
Akron – Arjun
Die Goldenen und die Glocke am Ende der Zeit
in der Akron-Edition 20
Ich habe dieses Buch nicht an „einem Stück“ gelesen. Immer wieder unterbrach ich in meinem Alltag und mein Denken unterbrach mich.Oft war
ich begeistert, oft wollte ich widersprechen, oft las ich Dinge zweimal.
Ständig versuche ich das Ich von meinem Selbst zu unterscheiden. Ich kann es aber nicht. Bin ich deshalb „losgelöst von meinem
Egozentrismus“? (S.32). Ich weiß noch nicht mal, was das bedeutet. Ich mag Lillet, oder wie sie genannt werden mag, schon seit sehr vielen Jahren. Ich identifiziere mich gerne mit ihr als die
Lernende, die die sich von der brennenden Frage nach ihrem Ursprung und Sinn antreiben lässt. Sie ist schon immer die Partnerin, zu
groß für mich, die ich suche. …
Dann beginnt der Text mich zu schreiben...Es beginnt mit den „Anfängen der Menschheit“
„...zog im Laufe weniger Jahrzehnte um die Wende des dritten Jahrtausend eine parallele Form von Intelligenz in die menschliche
Gesellschaft ein“
„Die Frage was macht einen Menschen aus? ... in der die kapitalistischen Systeme ihre Interessen letztendlich gnadenlos durchpaukten, auch
wenn neue Techniken und neuartige Weltsichten gleichzeitig einen tiefgehenden Wandel der Wirtschaftssysteme und Gesellschaftsstrukturen auslösten.“(alle Seite 101)
Das Buch wagt sogar einen Blick in die Zukunft, (in eine mögliche Konsequenz oder in eine genaue Beobachtung der jetzt üblichen
Praxis).
„... wer sich weigerte, an diesem gesichtslosen Sein mitzuwirken, der wurde mit Herausnahme aus dem kompletten Netz bestraft, was entweder
die völlige Abschaltung bedeutete oder - als mildere Sanktionierungsmaßnahme - zumindest einen reduzierten Zugriff auf die Datenbanken“... „und schließlich mutierte das ganze System zu einem sich
selbst recycelnder Komposthaufen der Wiederverwertbarkeit.“ (Seite 104).
Wir konstruieren uns, wir konstruieren unsere Zeiten, unsere Vergangenheiten, Gegen-wärte und
Zukünfte, unsere Räume, unser(e) Leben, unsere Gesellschaften, unsere Geschichten, unsere Seins, unseren Sinn, alles. Unsere Stärken und Schwächen sind
unsere Konstrukte. Doch auch über Unterdrückungen, Kasten und Klassen, unsere spiri-tuelle Erkenntnis hinaus, gibt es keine Erklärung für
die „Sinnlosigkeit“ unserer Existenz.
Immer wieder begeistert mich das Buch. Die Realität wird immer wieder eingeholt. Mitten im Fabulieren irrealer Szenen wird – z.B. aus
Seite 122 - der Satz gesagt“ „Was für ein
Realitätsdurchschuss“. Der Plot streift immer wieder die fiktionale Integration von Irrealem und realen Situationen. Die Realität oder
surreale Gedanke findet immer wieder seine „Wirklichkeit“ in der Fortsetzung des Buches.
„Wir haben nicht mehr viel Zeit, Charles“, scheint mir ein zentraler Satz. Er kommt bei mir an, ohne, dass ich an „Zeit“ glaube.
„Doch die Goldenen lassen sich nicht austricksen. Selbst wenn du die gleichen Inhalte und Sehnsüchten in deine Traumbilder einbaust,
führen sie zu keiner kreativen Erkenntnis.“ (Seite 141/142)
Lill-eh hingegen ist zuständig für „Unsterblichkeit“ als ihr Spezialgebiet“. Sie ist die „Programmiererin“. „Das Ich glaubt, dass es
unsterblich sei. Das Selbst weiß, dass dem nicht so ist. ... Also bleibt dem Selbst nur wiederum eine besondere Form des
Ichs, ein Ich sozusagen, dass sich selbst erkennt? Die Religionen
nennen das Seele.“ (Seite 144)
Und Charles Geist war Teil des Klangs und hallte von den Wänden zurück. Er war Quelle und Gesang
– jenseits des Dualen war kein Unterschied.“ ...
„Endlose Zeit ist wie ein Moment. Wenn einer den endlosen Moment begreift, erkennt er die Person. Die er sieht.“ ... „Ganz am Schluss hat
er die Person gefunden, die er gesucht und auch gesehen hat.“ (Seite 153)
Ich fühle mich als Leser nicht „betrogen“.
Das Buch beschreibt was Akron und Arjun erlebten.
Ich kann fragen.
Zudem ist das Denken anderer, auf das ich mich einlasse, das eigene.
Das Buch hat mir bei der Begleitung und Auseinandersetzung mit dem Tod beim Leben geholfen.