Walter Hövel, Marc Kanert
Zur Kinderuni

 

 

 

Vielen Dank für das Danke-schön!

 


Solche Ausführungen ärgern Menschen wie uns auf keinen Fall. wir könnten noch auf Leute reinfallen, die uns zu blöd kommen. aber das war es ja nicht!

 


Das mit der Kinderuni ist m.E. falsch gekommen:
"Wobei dies natürlich daran liegt, dass es sich dabei letztlich um ein recht geschlossenes, sach- und problemorientiertes Vorgehen handelt."

Klar ist, dass "übliche" Lehrer diesen Gedanken wieder zu so etwas machen könnten.
In unserem Fall läge das aber anders. Nachzulesen in "Bauhauspädagogik" von Wieck, Uni Wuppertal.

 


Das erste ist nämlich, dass unsere Kinder nicht in einem Kompensationssystem leben. Die Kinderuni ist ein nicht nur selbst organisiertes Lernen, sondern ein selbst ausgesuchtes. (Wer an Kinderuniseminaren nicht teilnehmen möchte, kann an eigenen Sachen weiterarbeiten).

 

 

 

Die Kinder suchen sich ein Angebot ihrer Wahl aus. Das Angebot ist eine Thematik, die uns Lehrern zuerst Spaß macht, wo wir Ahnung haben, das wir - wie die Meister im Bauhaus - zum "Lernen beim Meister" anbieten. (Wir haben unsere Kids übrigens nach der Wahl der Oberthemen befragt, Literatur, Benehmen, Mathe und "Überleben in der Sek I" sind mit ihnen abgesprochen!).

 

 

 

Die jetzigen Seminare haben genau die Kompensation, die wir aus unserer Schule so weit wie nur möglich rauslassen, zum Thema!!!! Das darf man nicht damit verwechseln, dass wir doch kompensieren würden.
(Das wäre das gleiche, als wenn man einem Seminar, dass sich z.B. mit Genderproblematik vorwirft, frauenfeindlich zu sein, weil Männer an dem Seminar teilnehmen.)

 


"Bei Ihnen und für meine Kinder gilt dies wohl auch, wäre lediglich einmal die offene Form gesprengt, was durchaus für Kinder auch seinen Reiz haben kann. "

 


Wir sprengen keine "offene Form" Wir bieten an in einem Umfeld, dass jeden Tag von den Kindern die Selbstbestimmung verlangt(!). Wir bieten keine geschlossene Form in einer offenen Form an, sondern Inhalte, die wir anbieten können. wir canceln alles, was die Kinder nicht annehmen!!!

 

 

 

Formen entwickeln wir nicht, weil wir glauben, dass offene Formen zum offenen , freien Lernen führen! Wir lassen die Kinder ihre eigenen Inhalte entwickeln und finden dazu (!) Formen, die zu ihren offenen Inhalten passen und diese Eigenverantwortung zulassen und fördern.

 

 

 

Die Kinderuni ist dann unser (!) inhaltliches Angebot, das die Kinder annehmen oder nicht. Es ist nicht die Universität des Jahres 2008, die nicht mehr Bildung anbietet, sondern durch eine "Aus"bildung zwingt. Unsere Uni ist wieder ein Ort des Bildungsangebots, ein Ort, wo man finden mag, was man sucht, ein Ort der Anregung.

 


Ich würde sehr genau trennen zwischen dem, was Lehrer aus dem Gedanken machen können und dem, was wir machen.

 


Eine andere Definition für unsere Kinderuni wäre "die Hochbegabtenförderung auf Verdacht, also die Förderung für alle! Reyhan ging in der letzten Phase über den Flur und rezitierte "Walle, walle" mit Zauberlehrling. Verwechseln wir Nicht-Kompensierung bitte nicht mit den Anspruch senken. Wir überfordern! Und das dürfen wir, weil wir nicht sanktionieren!

Noch ein anderer Gedanke. Wenn wir, du und wir, so arbeiten wie wir arbeiten, sollten wir nicht klagen. Weder Jesus hat sich darüber beschwert, dass er am Kreuz hing, noch Gandhi, dass er halb nackt durch die Lande zog, noch Che Guevara, dass er im Urwald lebte. Diese Leute hätten vielleicht sogar einen Grund zum Klagen gehabt. Aber wir einfachen "Helden" können uns doch eigentlich nur darüber freuen, was uns da täglich an netten Kleinigkeiten gelingt!

Liebe Grüße
Walter Hövel
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: <M.Kanert@jur.uni-frankfurt.de>
> Gesendet: 20.02.08 15:43:03
> An: hoevel.resch@web.de
> Betreff: Danke schön!
>
> Hallo und noch mal vielen Dank für den Einblick, den Ihr mir gewährt
> habt. Hat mir sehr gut gefallen und mich vor allem beruhigt, dass es
> bei mir doch gar nicht so anders und damit auch gar nicht so verkehrt
> läuft. Glaube, ich bin teilweise zu selbstkritisch. Dennoch muss ich
> meinen Unterricht noch in einigen Punkten weiterentwickeln und habe
> dafür einige Anregungen bekommen können.
> Die Idee der Kinderuni kommt auch bei meinen Kollegen gut an. Wobei
> dies natürlich daran liegt, dass es sich dabei letztlich um ein recht
> geschlossenes, sach- und problemorientiertes Vorgehen handelt. Das ist
> eins der größten Probleme! Die meisten LehrerInnen sind nicht in der
> Lage, die Lernprozesse aus der Hand zu geben. Sie meinen auf Grundlage
> ihres Fachwissens, die Lernentwicklungen der Kinder steuern zu müssen
> bzw. zu können. Dies gelingt natürlich nur sehr bedingt und die
> auftretenden Probleme werden dann meist den Kindern zugeschrieben. Die
> möglichen Problemlösungen bleiben defizitorientiert und gehen meist
> rein von der Sachseite an Lernprobleme heran. Das Kind wird dabei
> selten erreicht. Die Kinderuni macht nun, zumindest so wie man sie bei
> uns wohl durchführen würde, eben eigentlich genau das. Bei Ihnen und
> für meine Kinder gilt dies wohl auch, wäre lediglich einmal die offene
> Form gesprengt, was durchaus für Kinder auch seinen Reiz haben kann.
> Allerdings für die anderen Kinder (meiner Kolleginnen) gilt dann
> schlicht Kinderuni als zusätzliches Förderangebot bzw. erneute
> Konfrontation mit ihren Schwächen. Deswegen habe ich so ein bisschen
> Probleme mit der Idee. Ein anderes Problem wäre natürlich der weitere
> Wegfall von Zeit, die für mich innerhalb des traditionellen
> Stundenplans ohnehin so schrecklich knapp bemessenen ist.
>
> Na ja, es ist halt unglaublich schwer, die vielen Bedingungen,
> Abhängigkeiten und Funktionsmechanismen so abzuwägen und einzustellen,
> dass man einen Unterricht erreicht, der es schafft, den Zielen eines
> modernen offenen Unterrichts oder reformpädagogischen Idealen
> weit möglichst gerecht zu werden. Vor allem wenn man allein daran
> arbeiten muss.
>
> Das wäre vielleicht durchaus ein Thema für Eure Referendare. Wie
> schafft man es, in einer "normalen" Schule, seine Ideale umzusetzen?
> Letztlich werden ja die meisten vor diesem Problem einmal stehen. Und
> da muss schon einiges berücksichtigt werden.
>
> Als Freund kurzer Worte habe ich Dich hoffentlich nicht zu sehr mit
> meinen Ausführungen geärgert;-) Auf jeden Fall noch einmal vielen Dank
> und liebe Grüße an die KollegInnen.

 

Marc Kanert