Es wurden nur fünf Rechtschreibveränderungen und die Genderisierung vorgenommen
Schulbücher sind ein Instrument der Verdummung. Sie dienen lediglich den offiziellen Lehrplänen und auch das manchmal sehr schlecht. Manche vergrößern sogar noch die Stofffülle dieser Lehrpläne, ich weiß nicht, aufgrund welchen Irrsinns, und stopfen den Unterricht voll bis zum äußersten. Ganz selten jedoch sind Schulbücher für die Kinder gemacht. Sie behaupten, die Arbeit der Lehrer*innen zu erleichtern und zu ordnen, sie rühmen sich, Schritt für Schritt vorzugehen, im Rhythmus… der Lehrpläne. Die Schülerin und der Schüler werden ihnen schon folgen, wenn sie können. Um sie geht es hier aber gar nicht.
Schulbücher dienen also de facto in erster Linie der Unterwerfung des Kindes unter den Erwachsenen und, noch genauer, unter die gesellschaftliche Klasse, die durch Lehrpläne und Finanzen das Unterrichtswesen beherrscht.
Sicherlich gibt es einige wohlmeinende Pädagog*innen, die sich im Gegensatz dazu auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes beziehen und zu einer weniger orthodoxen Auffassung des Unterrichts gelangen, die großen Verlage jedenfalls denken nicht daran, sich mit ihnen zu belasten, und nur die aller schädlichsten Schulbücher haben wirklich hohe Auflagen.
Selbst wenn die Schulbücher gut wären, wäre es am besten, sie so wenig wie möglich zu benutzen. Denn das Schulbuch – vor allem, wenn es schon in den ersten Klassen benutzt wird – trägt dazu bei, die blinde Anbetung des gedruckten Wortes zu verbreiten.
Das Buch ist dann eine Welt für sich, fast etwas Göttliches, dessen Behauptungen man kaum noch in Frage stellt. “Es steht doch im Buch…”, heißt es dann, wogegen es doch gerade wünschenswert wäre zu lehren, dass im Buch auch nur Gedanken stehen, die dem Irrtum unterliegen können und denen man widersprechen kann, wie man auch jemandem widerspricht, der redet.
So töten die Schulbücher jede Kritikfähigkeit; und wahrscheinlich verdanken wir ihnen diese Generationen von Halbgebildeten, die jedes einzelne Wort glauben, das in der Zeitung steht. Wenn das stimmen sollte, dann ist der Krieg gegen die Schulbücher wirklich notwendig.
Aber die Schulbücher unterwerfen auch die Lehrer*innen. Sie gewöhnen sie daran, das immer gleiche Wissen auf immer gleiche Art weiterzugeben, ohne sich darum zu kümmern, ob das Kind es aufnehmen kann. Die schädliche Routine bemächtigt sich der Erzieher*innen.
Was bedeuten schon die Interessen der Kinder, wenn doch auf hundert Seiten alles erstrebenswerte Wissen in einen Text gepresst ruht, der Stoff, der genügt, um die Examen zu bestehen !
Es ist unbedingt notwendig, daß die Lehrer*innen sich von dieser mechanischen Vermittlung freimachen, um sich der Erziehung des Kindes zu widmen.“
aus: Elise Freinet, Naissance d´une pédagogie populaire, Paris 1972
nachgedruckt in: Jochen Hering und Walter Hövel (Hrsg.),
Immer noch der Zeit voraus.
Kindheit, Schule und Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Freinet-Pädagogik.